Sehr gradlinig und, leider, sehr vorhersagbar erzählt
Wie gewohnt setzt Grisham auch seinen neusten Roman ein in die Welt des Rechts,
samt der ebenfalls bei ihm fast klassisch zu nennenden Konstellation eines
"Underdogs" (hier eine nur mangelhaft und mit wenigen Rechten
ausgestattete Kontrollbehörde gegenüber Richtern) und einer "Krake"
(einer weit verzweigten, gnadenlosen und mächtigen kriminellen Organisation).
Ebenfalls bekannt ist die gerade, schnörkellose Art Grishams, zu erzählen.
Was im Gesamten ein rundes Bild des Falles einer Ermittlung gegen eine als
bestechlich bezeichnete Richterin angeht und auch den ein oder anderen
Spannungsmoment einschließt (ein Autounfall, die Frage, wer die
"Quelle" ist, die Gefahren für einen Spitzel und fremde Männer, die
sich scheinbar sehr entspannt in anderer Leute Häuser umsehen). Und sicher ist
es überraschend, wer das Ende des Romans nicht erleben wird und wer sich warum
gegen die Richterin im Geheimen stellt.
Doch im Gros des Romans wirkt dieser fast dokumentarisch angelegt. Detaillierte
Beschreibungen der dunklen Geschäfte, ein Blick auf undurchschaubare
Verflechtungen im Indianerreservat und die akribische Begleitung der
Ermittlungen führt doch zu einem eher langsamen Fortschreiten der Ereignisse.
Auf deren Weg die ein oder andere durchaus wichtige Person (die man gerne
länger begleitet hätte wie den "Chief" oder Greg Myers) plötzlich
nicht mehr vorkommt. Wie auch eine mögliche, beginnende Liebesgeschichte fast
einfach so im Ungefähren verbleibt. Lacy Stoltz, die Hauptperson des Romans,
unterbezahlte Anwältin einer Behörde, die Richtern "auf die Finger
schaut", kann zunächst kaum glauben, was sie da erfährt. Dass eine
Richterin sei über 10 Jahren gegen eine fürstliche Bezahlung einer
mafiaähnlichen Gruppe mit jedwedem genehmen Urteil zur Seite steht. Was
Immobilien angeht, was aber auch einen armen Schluckers in die Todeszelle schon
gebracht hat.
Wie nun sich der Fall entfaltet und Stoltz mit ihren Verbündeten Schritt für
Schritt zum Kern der kriminellen Vereinigung vorstößt, das liest sich als
roter Faden rund und gut. Wenn da nicht die erwähnten Längen, die etwas kühle
Distanz zum Geschehen und zu den Personen hier und da doch störend auftreten
würde. Da hilft es auch nicht, den Bruder der Anwältin ab und an einfliegen zu
lassen (der Sinn dieser Figur erschließt sich an sich nicht ganz) oder
teilzunehmen an den Überlegungen der tafffen Anwältin über ihre
"biologische Uhr". Dennoch, wenn es zur Sache geht, erzählt Grisham
dicht und spannend wie gewohnt und im Gesamten hilft der flüssige Stil des
Autors ebenfalls über manch trockene Stelle hinweg.
Fazit
Insgesamt ein solider Thriller, der aber nicht an verschiedene Highlights des
Autors heranreicht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 22. Mai 2017 2017-05-22 11:32:04