Annäherung von vielen Seiten her
In Bezug auf Max Frisch ist die Gattung des
"Schriftstellerinterviews", wie sie der Herausgeber des Bandes,
Thomas Strässle benennt, eine in besonderem Maße gehaltvolle. "Er war ein
Autor, über dessen Texte sich umgehend die Frage nach den
Entstehungshintergründen, insbesondere den autobiographischen, stellt".
Und darin enttäuschen die, bedacht ausgewählten, Interviews im Buch nicht.
Über alle Lebensphasen hinweg führen die abgedruckten Gespräche, vom
"jungen Autor" hin zum erfahrenen und mit Lebensweisheit
ausgestatteten Denker ("Ich kann mir kaum vorstellen, dass ohne politisches
Bewusstsein große Literatur entsteht") von 1989).
Und doch findet sich, fast durchgehend im Hintergrund, auch die kritische
Haltung Frischs zum Interview, darin gipfelnd, dass er 1982 im Tagebuch notiert:
"Was erwartet man von einem Schriftsteller? Das er Interviews gibt!"
Wo doch, wie er an anderer Stelle betont, die Leute ja eigentlich einfach auch
nur seine Bücher lesen könnten. Worin dann aber u.a. seine Beziehung zu
Ingeborg Bachmann nicht in derselben expliziten Form von ihm dargestellt wird,
wie es in einem der Interviews geschieht. Allerdings muss sich dabei der Leser
im klaren sein, dass Frisch den Unterschied zwischen "persönlich" und
"privat" gut einzuhalten versteht.
Persönlich sind seine Interviews immer, ohne jedoch intime, private Details zu
thematisieren. Es sind durchaus auch die "großen Themen der Zeit",
auf die Frisch, wie in seinen Werken, auch in den Interviews mit klarer,
erkennbarer, persönliche Haltung eingeht. Eher also "das Gespräch",
mit dem Erkenntnisse auf Augenhöhe befördert werden war die von Frisch
bevorzugte Art und Weise, einander zu solchen Anlässen zu begegnen, als die
reine "Informationsbeschaffung" im Frage und Antwort Spiel. Sehr
lebendig und anregend sind dabei die Interviews zu verschiedenen Themen Im Buch
zu lesen mit einem immer präsent wirkenden Max Frisch. Vom Anspruch,
öffentlich Einfluß zu nehmen, davon, dass "wir die Welt anders einrichten
müssen" (was im Weiteren auch mit der Frage der Emanzipation
zusammenhängt, die wiederum seine Beziehung zu Bachmann stark mit geprägt
hat), bis dahin, dass die "Literatur Möglichkeiten aufzeigen sollte"
und das "ohne Widerstand keine Hoffnung ist".
Fazit
So bietet dieser Sammelband einen interessanten Überblick der Themen und
Positionen des Autors und eine chronologisch geordnete Darstellung seiner
intellektuellen Biografie, die auch für die Gegenwart grundlegendes mitzuteilen
hat und es allemal wert ist, gelesen zu werden.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 09. Mai 2017 2017-05-09 12:19:51