Zunächst dachte ich, es wäre gar kein Thriller, sondern es wäre eher ein
Gegenwartsroman. Zwar begann alles mit einem Mord, der war aber prompt infolge
eines Geständnisses aufgeklärt. Dann folgten, wie der Titel schon sagt, sanfte
Einführungen in die Figuren, Orte und Beziehungen untereinander. Das liest sich
alles nicht spektakulär. Doch zwischengeschobene Tagebucheinträge wiesen schon
auf die Sichtweise eines Täters hin. Es musste ja noch etwas kommen. Und es
kommt auch. Und zwar richtig heftig, wenig vergleichbar mit einem herkömmlichen
Krimi. Es wird ermittelt, aber nicht so, wie es der gemeine Krimileser gewohnt
ist.
Avanzini, die 2012 bereits für ihren Debütroman "Tod in Innsbruck"
mit dem Friedrich-Glauser-Preis des Syndikats geehrt wurde, hat sich für den
zweiten Fall ihrer Ermittlerin Carla Bukowski einen sehr eleganten Plot
einfallen lassen. Der Titel ist Programm. Es geht sanft zu, obwohl es auch
Beulen gibt und Blut spritzt. Hervorzuheben sind die Zwischenkapitel aus dem
Tagebuch des Täters mit dem besonderen Namen "Buch der Kränkungen".
Sie sind vom Täter selbst in der zweiten Person verfasst. Eine seltene Form in
der Belletristik, aber hier mehr als passend. Der Leser erfährt vom Täter, was
seine Opfer gemacht hatten, damit sie zum Opfer wurden. Der Zusammenhang mit der
aktuellen Handlung ist zunächst nur schwer erkennbar. Als erfahrener Leser
weiß man halt, dass da einer sein muss. Genauso wenig kann man Rückschlüsse
ziehen, wer in der aktuellen Handlung diejenige ist, der das Tagebuch
geschrieben hat.
Scheinen die Konflikte anfangs banal und zusammenhanglos, so verdichtet sich mit
zunehmenden Lesefortschritt das Geschehen. Die eine oder andere Wendung wirft
sämtliche Vermutungen des Lesers total über den Haufen und er muss neuen
Spuren folgen. Die Protagonistin ermittelt in einem Bereich, in dem sie nicht
zuständig ist. Dabei bekommt sie Unterstützung von einem Journalisten und
einem Privatdetektiv.
Fazit
Meine Empfehlung: Man sollte sich unbedingt auf den "sanften" Roman
einlassen Belohnung folgt!
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 19. April 2017 2017-04-19 23:05:28