Heidi Kamemba tritt ihre erste Stelle bei der Düsseldorfer Kriminalpolizei an.
Ihr Vater stammt aus dem Kongo – und es wundert kaum, dass sie als schwarze
Berufsanfängerin eine Menge dumme Sprüche zu hören bekommt. Heidi hat ihren
Bachelor mit der Note 1,3 bestanden und zeigt sich als Neue in der Abteilung
erstaunlich forsch. Chef und Kollegen reagieren postwendend mit Druck, sie möge
sich bitte einordnen und Alleingänge unterlassen. Heidi hat einen Blick für
das Wesentliche – und das gefällt nicht allen Kollegen. Ihre erste
Ermittlung soll den Mord an einem Mann aufklären, dessen Leiche in Brand
gesteckt wurde, um die Identifizierung zu erschweren. Auch die Wohnung des
Opfers wurde beinahe professionell geputzt. Genauso würde ich meine Spuren
beseitigen, wenn ich einen Mord begangen hätte, meint ein Kollege im Scherz.
Trotz des professionellen Vorgehens kommt Heidi schnell dahinter, dass der
ermordete Nils Hansen über eine Software verfügte, mit der er die Bankkonten
und Online-Aktivitäten jeder beliebigen Person ausspähen und gegen denjenigen
verwenden konnte. Sie stößt jedoch schnell an eine gläserne Decke in der
Abteilung, weil offenbar direkt aus dem Innenministerium Druck auf ihren Chef
Bruno Westphalen ausgeübt wird, die Nachwuchskollegin zu bremsen.
Die Stimmung in Heidi Kamembas Abteilung wirkt eigenartig auf sie. Ein Kollege
ist kurz zuvor unter verdächtigen Umständen ums Leben gekommen, doch die
Kollegen schweigen bisher eisern über den Vorfall. Für Heidi stellt sich die
Frage, an welchem Fall der verstorbene Kollege Becker gearbeitet hat und ob eine
Verbindung zu ihren aktuellen Ermittlungen bestehen könnte. Als sie selbst
observiert wird, bestätigt das ihre Vermutung, dass sie mit ihrer Recherche
einer einflussreichen Person auf die Füße getreten haben muss.
Stefan Keller hat bereits eine Reihe von Kriminalromanen und Drehbüchern
geschrieben. Sein neuester Fall einer Berufsanfängerin, die neu in die
Abteilung kommt und durch ihre Herkunft eine Sonderrolle spielt, ist im
Krimi-Universum nichts Neues. Kellers Roman merkt man den Drehbuch-Autor
deutlich an. Er setzt auf Dialoge, beschreibt aus der Sicht des außenstehenden
Erzählers die Ereignisse knapp und bildhaft. Gegenstände und Vorgänge werden
klarer beschrieben als die Emotionen seiner Protagonisten und ihre Beziehungen
zueinander. Außer der gemeinsamen Abneigung gegen das neue Wunderkind der
Abteilung gibt es zwischen den Kollegen wenig Dynamik. Mir fehlte in einem Text
dieses Umfangs ein genauerer Einblick in Heidis Persönlichkeit und was sie zu
einer so selbstbewussten Person machte. Bei den Ermittlungen hatte ich den
Eindruck, dass einige Hinweise für die Leser mehrfach wiederholt werden, die
Zusammenhänge jedoch selten in Teamarbeit vertieft werden. Die Erzählerstimme
wirkt recht lässig; stilistisch ist in Kellers Text noch Luft nach oben; auch
das Lektorat hätte an einigen Stellen sorgfältiger sein können.
Fazit
Stefan Keller führt mit diesem Band eine schwarze Ermittlerin frisch von der
Fachhochschule ein. Sprachlich und atmosphärisch empfand ich seinen
Kriminalroman als durchschnittlich.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 16. Januar 2017 2017-01-16 20:49:17