Was am Ändern hindert
Wie im Kleinen, so im Großen, könnte man sagen. Denn zwar setzt Brunnhuber in
diesem Werk seinen Fokus von Beginn an auf die "großen Themen" der
Ökologie und Ökonomie, da aber die Kernfrage die ist, warum die Menschheit
(und damit der einzelne Mensch inbegriffen), sich erkennbar schwer damit tut,
aus Erkenntnissen des Verstandes auch klare Verhaltensänderungen
herbeizuführen, erweitert sich das Buch eben auch auf dieses konkrete Thema
hin: Was macht Veränderungen trotz Erkenntnis so schwer?
Oder, anders herum gefragt, aus der Berufspraxis Brunnhubers heraus, wie kann
das durchaus ja stark vorhandene "Entwicklungspotential" im Einzelnen
und in Gesellschaften stärker genutzt, abgerufen werden? Denn die Annahme, dass
"sich Psyche, Verhalten und Erleben entwickeln und dass diese Entwicklung
nicht zufällig verläuft, sondern Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist",
ist eine der zentralen Erkenntnisse modernen Psychologie. Dabei sieht Brunnhuber
die Herausforderungen der Zeit als Anreiz für die Entwicklungsmöglichkeiten
der Gesellschaften, die über die Fähigkeiten des Einzelnen deutlich
hinausgeht. "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile".
Was nun bedeute Wachstum und Entwicklung (die durchaus unterschiedliche Momente
darstellen) und wie entsteht ein möglicher Weg vom "Ich" zum
"Anderen" und damit zum "Wir" (am Beispiel der Shared
Economy dekliniert Brunnhuber diesen Weg auch praktisch verständlich durch).
Nachhaltigkeit, Wirtschaften mit Maß, Alternativen zum "System"
(monetäres Ökosystem u.a.), die Erkenntnis, das Leben immer auch im
Widerspruch stattfindet und wie mit Affekten und Anerkennungen (unter anderem im
Blick auf das leistungsfreie Grundeinkommen) anders umgegangen werden kann, all
diese, verständlich vorgetragenen, Elemente des gemeinsamen Miteinanders im
Kleinen und Großen erläutert Brunnhuber zur Vorbereitung des zentralen
Kapitels im Buch, der "Psychologie der Transformation".
Was es braucht für eine Veränderung, was dabei "innere" und
"äußere" Antreiber sind und welche Rolle sie spielen, das eine
Veränderung "Schritt für Schritt" sich vollzieht, auch wenn man
ungeduldig vielleicht daran zerrt und das es tatsächlich um einen
"Verzicht" gehen wird (der aber nicht "Aufgezwungen"
stattfindet, sondern in der langsamen Transformation als "besser"
erkannt werden kann), das sind die Kernpunkte, die dem Leser das Wesen einer
Transformation und deren praktischen Ablauf vor Augen stellen. Und damit das
gedankliche Handwerkszeug vorbereitet wird, um von der Erkenntnis Schritt für
Schritt zur Umsetzung zu kommen.
Fazit
Ein interessantes, psychologisch fundiertes Werk, in dem Brunnhuber die Weichen
stellt für eine ehrliche Diskussion, für ein Erkennen der Begrenzungen der
Welt und für einen wahrhaftigen Umgang mit den eigentlich zugrundeliegenden
Ängsten, in dem eine nicht zu unterschätzende Kraft freigesetzt werden kann,
um eine persönliche und allgemeine Transformation "auf den Weg zu
bringen".
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 02. Dezember 2016 2016-12-02 12:57:31