"Reisebericht"
Als "Reisebericht" kennzeichnet Glasenapp in pointierter Weise sein
neuestes Werk. Als Reflexion seiner persönlichen Entwicklung als
Psychotherapeut mit verhaltenstherapeutischem Hintergrund hin zu seinem heutigen
"Stand" als Therapeut mit "begeisterten Arbeit mit
Emotionen". Was in der Verhaltenstherapie der "klassischen
Schule" nicht unbedingt im Vordergrund stand (wobei sich dies in den
letzten Jahren auch allgemein deutlich verändert). Wobei Glasenapp in seinen
Grundlegungen jenen Therapierichtungen folgt, die von Beginn an "auf
Emotionen setzten" und Emotionen als "nicht zu bewerten"
klassifiziert. Emotionen sind nicht "positiv" oder
"negativ", sondern "Emotionen sind".
In der Unterscheidung von "Grundemotionen" (universelle Emotionen wie
Trauer, Freude, Angst, Zorn), "Primäre und sekundäre Emotionen" (die
einen entsprechen weitgehend den Grundemotionen, die anderen sind durch
"soziales Lernen" entstanden und werden in oft komplexer,
"verwaschener" Form gespürt), "Adaptive und maladaptive
Emotionen" (als nicht-bewertende Begrifflichkeit für "gesunde,
unmittelbare Gefühle" gegenüber "kritischen Lernerfahrungen bis hin
zu Traumatisierungen" auf der anderen Seite, "Meta-Emotionen" als
"kognitive Vorstellung der eigenen Emotionen", ergänzt durch
"Gefühl", "Affekt" und "Stimmung".
So schafft Glasenapp zunächst eine gut verständlichen
"Feinabstimmung" bevor er sich den therapierelevanten Formen der
Emotionen (Aaptiv und maladaptiv) sehr ausführlich beschreibend zuwendet und
diesen ersten, theoretischen Teil des Werkes mit der Betrachtung der
Veränderung des Umgangs und Stellenwertes der Emotionen in der Psychotherapie
zuwendet. Sehr verständlich und eingängig legt Glasenapp in diesem ersten Teil
des Werkes die Grundlagen für den zweiten, man könnte sagen,
"spannenderen" Teil, in dem er sich der Praxis und damit seinen
eigenen Erfahrungen und Schlüssen aus der eigenen Arbeit zuwendet. Wobei die
Leitlinie von Glasenapp klar formuliert wird (und dem Titel des Buches
entspricht).
Statt, wie lange Zeit gesetzt, Emotionen unter der
"Problemperspektive" zu sehen und als "zu bearbeiten" zu
klassifizieren, entspricht es Glasenapps Erfahrungen und Reflexion derselben
erheblich mehr, Emotionen des Klienten als "Ressourcen" zu nutzen und
zwar in jeder auftretenden Erscheinungsform (damit nähert sich Glasenapp sehr
der "lösungsorientierten Ansätze" in Beratung und Therapie (aus dem
systemischen Umfeld entstanden), die grundlegend
"Ressourcenorientiert" (wenn auch nicht nur auf die emotionalen
Aspekte beschränkt) sich seit langem bereits ausgerichtet haben.
Allerdings ist zu beachten, laut Galsenapp, dass mit Emotionen nicht
"gearbeitet" werden kann im Sinne einer "stetigen
Entwicklung", sondern der Umgang mit Emotionen in der Therapie bedeutet
eher, "in jedem Setting und zu jedem Zeitpunkt" aufs Neue zu
reflektieren. Emotionen sind eine wichtige Ressource, die mal stärker oder mal
weniger stark in den Fokus der therapeutischen Dynamik gestellt werden.
Allgegenwärtig vorhandene Emotionen, die in sich schwankend angelegt sind, sind
nicht als Emotion selbst bearbeitbar, sondern bilden in gewissen Momenten des
Prozesses "Ressourcen" für die Arbeit.
Dass dies mit dem Verständnis des eigenen, emotionalen Erlebens (und damit der
Kognition desselben) einhergeht, das damit auch biografische Bezüge
verständlich werden und der "emotionale Stil" veränderbar ist und
somit "neue Potentiale" aktiviert werden können (unter Hinwirkung auf
Verhaltensänderungen), all das legt Glasenapp im Weiteren verständlich, mit
vielen Beispielen aus der Praxis illustriert und anregend dar.
Fazit
Ein anregender, weiterer Baustein für die Arbeit mit Emotionen und die Kraft,
die aus der konstruktiven Nutzung von Emotionen im therapeutischen Prozess
gewonnen werden kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 10. November 2016 2016-11-10 15:06:44