Sprachlich herausragender Krimi
Es sind die, die am Ende sind. Die vielleicht vor langer Zeit mal "in"
waren, oder "cool", di aber schon lange nicht mehr mit der Welt da
draußen Schritt halten wollten oder auch nur könnten, wenn Sie ehrlich sind.
"Der Rest ging im Sturm unter, der jetzt im Raum ausbrach – die Rentner
gingen unter, der Hund bellte…..die Theke füllte sich klirrend mit Flaschen
und Gläsern".
In dieser Kneipe am Silvesterabend, die eine Minute vorher noch so behaglich mit
ein paar gestrauchelten Gestalten gefüllt war. Armin, der Punk (damals) und
Fallner, der Polizist (ehemaliger), Trübsinn, Alkohol, Aussichtslosigkeit (was
die Frau von Armin und die Lebensgefährtin von Fallner angeht, beide weg.
Dauerhaft). Das einzige, was bis zu diesem Auftritt der attraktiven Frauen, alle
im roten Mantel gekleidet, störte, war der desaströse Musikgeschmack des
Enkels des Wirts, der an diesem Abend den Laden bediente. Da kennt sich Fallner
aus, da hat er ganz eigene Vorstellungen. Die ansonsten in seinem Leben gerade
wohl alle die Biege gemacht haben, einen festen Rahmen, eine klare Ausrichtung,
die hat dieser Fallner schon lange nicht mehr. Ein "Gefallener des
Lebens" eben. Unter so vielen, die nur noch Randgestalten im eigenen
biographischen Film darzustellen scheinen.
Der erfolgreiche Bruder hat Fallner einen kleinen Auftrag als nunmehr
"Privatier" gegeben. Den Beschwerden einer ebenso alternden (wie immer
noch gecken) "Schauspielerin" über einen Stalker nachzugehen. Wobei
das "Schauspiel" in den "berühmten Rollen" eher an anderen
Attributen festgemacht wurde, als an darstellender Kunst oder gar dem Text, den
Simone Thomas vielleicht barbusig auch noch gemurmelt haben könnte. Ein
Stalker, der nicht nur nicht zu fassen, sondern auch gar nicht zu sehen ist.
Außer von Simone, die steif und fest behauptet, da wäre einer. Und Fallner
nimmt das durchaus ernst. In seiner trockenen, zynischen, ständig
hochironischen Sprache, in der Dobler sattsam Anklänge an die "coolen
Männer" der alten Hollywoodthriller erinnert.
Und auf dem Weg in die Hinterstuben einiger heruntergekommenen Gastronomie, im
Hinterkopf den Betrug seines Ex-Kollegen, der ihm eine Waffe untergejubelt hat,
damit er sich in Ruhe Fallners Frau "vornehmen" kann, dringt dieser
Fallner tief hinein in die "70er", die damaligen Helden, das Gefühl
der Zeit, das im Haus der Simone Thomas irgendwie stehen geblieben sein könnte.
"Sein Leben war eine Kette von Fehlern. Er hatte dem Bruder sein Wort
gegeben und dummerweise war "Sein-Wort-geben" eine Dummheit, die man
nicht löschen konnte". Die aber durchgezogen wird, auch das ein Relikt aus
Zeiten, als ein Wort noch galt. Auch diesmal wieder nicht mit zarter Hand
schickt Dobler seine Personen in eine sich ständig entfaltende und verändernde
Geschichte. Mit spürbarer Lust an der Gestaltung des Scheiterns damals und
heute, dem Anblick des Gefallen-Seins bei Menschen, bei denen jedes "wieder
aufstehen" mühseliger und mühseliger wird.
Fazit
Und das in solch hinreißender, anderer, zynischer, verdrehter Sprache, dass der
eigentliche "Fall" und seine "Lösung" mehr und mehr in den
Hintergrund treten beim Genuss, diesem Personal in seiner Vielfalt beim agieren
zuzuschauen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 31. Oktober 2016 2016-10-31 14:35:19