Tilman Röhrig, bekannt für seine äußerst fundierten historischen Romane
(etwa "Übergebt sie den Flammen") hat hier das Zeitalter der Medici
im Florenz des Jahres 1470 packend und fesselnd geschildert. Für mich ist dies
der beste Roman über die Renaissance seit langem. Im Mittelpunkt der farbigen
Handlung stehen Lorenco und Giuliano di Medici, die Herren von Florenz, deren
letzte Gegner gerade hingerichtet worden sind und der berühmte Mönch
Savonarola, ein Mann, der mich immer an Chomeini oder den alten Borge aus Ecos
"Der Name der Rose" erinnert.
Ich muss sagen: dies ist einer der besten historischen Romane, den ich gelesen
habe. Man fühlt sich in das Alltagsleben in dieser Zeit hineinversetzt, die
eben nicht nur die Zeit der Renaissance, sondern auch die des Mittelalters
gewesen ist - und auch, wenn man an die aktuelle politische Situation der
Bedrohung durch religiöse Fundamentalisten und Terroristen denkt - meines
Erachtens erstaunliche Parallelen zu unserem beginnenden 21. Jahrhundert
darstellt.
Die Medicis, nach ihren eigenen Worten, das "Salz von Florenz", denken
äußerst machtbewußt und handeln im wahrsten Sinne des Wortes pragmatisch und
daher "modern" - wie es Macchiavelli in seinem äußerst realistischen
Buch "
Der Fürst"
- ungefähr zur selben Zeit entstanden - ebenfalls vermittelt hatte. Gegen ihr
nüchternes pragmatisches Weltbild stellt sich Savonarola, der mit allen Mitteln
fanatisch als Prophet gegen Lorenco den Prächtigen ankämpft und dessen Ziel es
ist, in Florenz das Königreich Christie zu errichten.
Diese politische Geschichte wird "erlebbar" durch das Schicksal dreier
Frauen: des jungen Mädchens Laodomia Strozzi aus Ferrera, die Savonarola als
junger Student liebt. Sie jedoch weist ihn zurück, da sie sich von ihm nicht
täuschen lässt: sie will sich ihr Leben - und das Leben ihrer Freundinnen, der
Magd Petruschka und Fioretta, nicht von dem neuen Prediger Fra Girolamo, dem
späteren Savonarola, vorschreiben lassen.
Röhrig beschreibt die Charaktere lebensecht und packend. Seine Sicht ist die
der "kleinen Leute". Er hat das unbestreitbare Verdienst, in seinen
Werken - er erhielt häufig Preise, unter anderem auch den Deutschen
Jugendliteraturpreis - Geschichte erlebbbar und spannend zu gestalten.
Fazit
Vergleichbar nur mit "
Die
Säulen der Erde" von Ken Follett oder "Die unseligen
Könige" von Maurice Druon konnte ich mich von diesem Roman und seinen
Gestalten nicht mehr losreißen. "Der" Renaissanceroman für mich, dem
ich viele begeisterte Leser wünsche.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 20. März 2004 2004-03-20 21:28:59