Konstruktiv geben und nehmen
"Noch ist es nötig, dass Menschen Fertigkeiten beherrschen, Konflikte in
einem konstruktiven Geist zu behandeln".
Und davon gibt es reichlich, wie jeder aus eigener Erfahrung weiß. Mitsamt der
Haltung, dass es nur richtig oder falsch geben kann und man selber, natürlich,
der oder die ist, der oder die recht hat, richtig ist. Wobei automatisch klar
ist, dass der andere es falsch macht, falsch ist und daher "das
Problem" hat oder aufgrund seines Verhaltens auslöst und das Problem damit
ist.
Dennoch ist ebenso klar und gilt: Es gibt in der Regel nicht unbedingt
"richtig oder falsch" in der inneren Befindlichkeit, es gibt vor allem
verschiedene subjektive Bewertungen und verschiedene subjektive Herangehensweise
an konkrete Situationen, die damit in Reibung zu einander geraten können.
Und es gilt auch, dass der andere nicht als einfach formbare Person zur
Verfügung steht. Wirklichen Zugriff hat man immer nur auf die eigene Person.
Hier also ist eine Möglichkeit zumindest vorhanden, in dem man an sich
bestimmte Reaktionsweisen und Haltungen ändert, auch die Situation des
Konflikts zu verändern.
Wobei Mahlmann zunächst den Begriff verdeutlicht. "Konflikt" ist kein
"Problem", sondern besteht aus dem "Zusammenprallen,
Aneinandergeraten" mindestens zweier Personen, von denen mindestens einer
oder ein der beiden Unvereinbarkeiten ins einem Fühlen, Wollen, Denken und /
oder wahrnehmen erlebt.
Wichtig (und damit erstrebenswert) für das bewältigen und lösen solcher
Konflikte ist an oberster Stelle die Entfaltung einer eigenen, inneren Haltung
von Souveränität, Gelassenheit, Performance und Humor. Sich nicht von alten
Streitmustern (die ja schon lange vor dem konkreten Konflikt geprägt und
erlernt wurden) immer wieder in gleiche Verhaltensweisen ziehen lassen, sondern
am Konflikt immer wieder in Richtung der genannten Haltungen lernen.
Differenziert stellt Mahlmann hierzu die verschiedenen Konfliktgruppen (2
Personen, drei oder eine ganze Gruppe) vor die Augen des Lesers und rekurriert
auf "traditionelle Konzepte" zum Thema das Konflikt von Freud, Adler,
Jung und Berne und der Verhaltenstheorie, wie auch humanistische Ansätze
(Gordon, Gestalttherapie u.ä.) und systemische Ansätze ihren Platz der
Erläuterung.
Gut gerüstet so wendet sich Malhmann im ersten Hauptteil des Buches
systematisch der Betrachtung von Konflikten in Personen, in Dyaden und in
größeren Gruppen zu, bietet eine verständliche Diagnostik, woran Konflikte je
auf diesen Ebenen zu erkennen sind, woher diese kommen, beschreibt die Gründe
für Eskalationen (und gruppendynamische Muster bei der Arbeit mit Gruppen) und
bietet ebenso eindringlich Modelle, Instrumente, Hinweise zu persönlichen
Haltungen (und deren Erwerb), alle sin allem also eine ganze Reihe von gut
gangbaren Optionen zum konstruktiven Umgang mit Konflikten.
Darüber hinaus, und das ist anders und ein stückweit gewöhnungsbedürftig,
was Ratgeber im Allgemeinen angeht, wendet sich Mahlmann zum Ende des Werkes hin
noch "dem großen Ganzen" zu.
Was nämlich eine zunehmend zu beobachtende (und vielleicht konkret je auch zu
verstehende" "Konfliktscheu für Auswirkungen auf eine sich
verändernden Gesellschaft hat.
"Die physische Distanz geht einher mit abnehmender Bereitschaft, sich im
persönlichen Gespräch mental und empathisch auf den Konfliktpartner
einzustellen".
"Menschen werden einander trotz mehr an Kommunikation insofern fremder, als
die direkte Auseinandersetzung gefürchtet ist und vermieden wird."
Nicht nur das "Wie" der Einordnung und Bearbeitung von Konflikten
mitsamt der Reflexion der eigenen inneren Haltung bildet somit den fundierten
Inhalt dieses Buches, sondern auch in darüber Hinausdenken und eine Art
Plädoyer für den "Mut zu Konflikten" als eine der wichtigsten und
wertvollsten Lernorte der eigenen und gemeinsamen Weiterentwicklung hin zu einem
besseren Verständnis untereinander und einer eigenen, in Konflikten
konstruktiven Haltung.
Fazit
Im Stil nüchtern und sachlich und daher ein wenig trocken nichtsdestotrotz ein
hoch lesenswertes Buch mit einer umfassenden theoretischen und praktischen
Bearbeitung von Konliktsituationen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 06. Juli 2016 2016-07-06 05:15:42