Die Idee zu diesem Roman hatte der Schriftsteller während einer Reise nach
Istanbul. Oberflächlich erlebt der Leser eine Geschichte wie ein Märchen aus
1001er Nacht. Es ist orientalisch, es ist exotisch. Die Farben, die Gerüche,
die Klänge, das bunte Leben im damaligen Konstantinopel entstehen vor dem
inneren Auge beim Lesen. Auf einer nächsten Ebene geht es in diesem Roman um
die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu Beginn des 20.
Jahrhunderts in der Türkei, die damals ein Verbündeter Deutschland war. Doch
schnell spürt der Leser die Brisanz für das Hier und Jetzt. Lebten damals
Christen, Moslems und Juden nebeneinander genauso wie Europäer, Syrer, Armenier
und Kurden. So lassen uns die Nachrichten in den Medien glauben machen, dass ein
solches Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen in der heutigen Zeit sehr
schwierig ist. So stellt der Roman die Frage, warum das multikulturelle
Zusammenleben in Deutschland immer noch als Gefahr denn als gesellschaftliche
Bereicherung gesehen wird.
Jedoch sollte dieses Thema den Leser nicht davon abhalten, die abenteuerliche
Geschichte von den beiden Freundinnen Elisa und Fatma zu lesen. Denn wie bei
Peter Prange üblich, wird alles in eine spannende und unterhaltende Geschichte
eingepackt.
Als die beiden Mädchen zehn Jahre alt sind, werden die Christin Elisa und die
Muslima Fatma nach der Zerstörung ihres Dorfes entführt. Sie kommen in den
Palast des herrschenden Sultans. Elisa wird als Sklavin für die niederen
Arbeiten im Harem eingeteilt. Nicht nur, weil sie Christin ist, sondern auch
ihre weniger eleganten Gesichtszüge sind Ursache dafür. Ganz anders hingegen
ihre Freundin Fatma, die nun nach mehreren Jahren im Harem Fatima genannt wird.
Sie ist eine Schönheit, auch wenn nicht jeder dieses ebenmäßige Gesicht
voller Anmut aufgrund des Schleiers zu sehen bekommt. Fatima schafft es, zu den
Favoritinnen des Sultans aufzusteigen. Beinahe wird sie sogar eine Ehefrau des
Herrschers. Wenn da nicht die Unruhen im Lande wären, und eine Widersacherin,
die dem Sultan bereits einen Thronfolger geboren hat. Gerade als Fatima ihm
einen zweiten Sohn schenkt und ihre Widersacherin scharfe Geschütze auffährt,
wird der Sultan entmachtet und in die Verbannung geschickt. Nun wird es
gefährlich für Fatima, ihren Sohn Merut und der Freundin Elisa.
Neben der Spannung in der Geschichte schafft es der Autor mit bildreicher
Sprache (den Märchen aus 1001er Nacht entsprechend) das bunte Leben des Orients
nachzuzeichnen. Intrigen, Verrat und Gemetzel lassen den Leser mit den
Protagonisten mitfiebern, Sympathien und Antipathien für die Figuren stellen
sich schnell ein. Gut und Böse lassen sich trotzdem nicht so schnell
auseinander halten. Ganz nebenbei erfährt der Leser auf diese Weise um die
politischen Zustände in der Türkei kurz vor dem ersten Weltkrieg. Für so
manchen Leser mag sich ein "Aha" einstellen. Das ist sehr gut
vermitteltes Allgemeinwissen ohne einen weithin sichtbar erhobenen Zeigefinger.
Leseempfehlung erster Güte!
Fazit
Das ist sehr gut vermitteltes Allgemeinwissen ohne einen weithin sichtbar
erhobenen Zeigefinger. Leseempfehlung erster Güte!
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 25. Juni 2016 2016-06-25 15:00:37