Fundierte Darstellung eines oft unterbewertenden Themas
Eine komprimierte, aber fundierte und völlig ausreichende Einleitung in das
Thema mit Störungsbild, den diagnostischen Verfahren und einer Darlegung der
Grundprinzipien zur therapeutischen Arbeit mit älteren Menschen setzt
differenziert im ersten Teil dieses Werkes das Thema.
Die breite Darstellung eines "Basisprogrammes" mit einer sachgerechten
Darstellung von Varianten und Anwendungsgebieten dieser Therapie von Depression
bei älteren Menschen bietet sodann dem Leser eine sehr verständliche, sehr
klare Rahmung für eine Therapie.
Sechs Grundmodule (Problemanalyse, Krankheitsinformation, Verhaltensaktivierung,
Veränderung des depressiven Denkens, Erwerb von inneren Kompetenzen und die
Sicherung der Fortschritte und damit die Vermeidung von Rückschlägen) bilden
ein stabiles Gerüst für eine Therapie unter diesen (immer noch eher als
besonders verstandenen) Umständen.
Die Verbindung zwischen häufigen physischen Erkrankungen im Alter mit
einhergehender Depression (Parkinson, Herz-Kreislauf etc.) werden im Folgendem
ebenso sorgsam aufgearbeitet, wie die Erweiterung der sechs Grundmodule um
entsprechende "multiprofessionelle Gruppenprogramme".
Zu guter Letzt, auch für die Angehörigen entfaltet Hautzinger eine
Interventionsmöglichkeit. Das "Tips-Programm" bietet prophylaktische
Impulse und bei Eintreten eigener Depression als pflegender Angehörender auch
eine klare Handreichung für die eigene (Vor-) Sorge.
Immer noch und seit Langem gilt Depression im Alter als ein wenig zentrales
Thema der therapeutischen Arbeit. Und auch im allgemeinen Verständnis kann es
weit verbreitet vorkommen, dass eine gewisse Melancholie, eine große
Traurigkeit als fast "normal" zu Ende des Lebens hin mit den vielen
Abschieden und angesichts der eigenen, nachlassenden körperlichen Kräfte
betrachtet wird.
Demgegenüber aber ist seit langem klar, dass die Lebenswartung stark gestiegen
ist, die körperlichen Möglichkeiten oft länger erhalten bleiben und damit das
Alter eine intensiv gestaltbare Lebenszeit mehr und mehr bildet. Und ebenso
klar ist, dass mit zunehmendem Alter auch Ängste und Depressionen erkennbar
zunehmen. Dies nicht nur aufgrund des dann akuten Zustandes, auch
"alte" Lebensthemen machen sich (wieder oder dann erst) mit Macht
bemerkbar und verstärken sich oft zudem noch mit zunehmendem Alter.
Dass Schlafstörungen, Erschöpfung, Energiemangel und ähnliches eben nicht
grundlegend und immer auf organische Ursachen zurückgeht (was bei vielen
Ärzten noch als gegeben vorausgesetzt wird), sondern nicht selten auch Folgen
einer depressiven Störung sind, das führt Hautzinger eloquent und überzeugend
aus und richtet damit den Blick gezielt und klar zum einen auf die psychischen
Ursachen so mancher körperlicher Schwächungen und zum anderen auf die Chance,
Möglichkeit, ja Notwendigkeit, diese Erkenntnisse in die therapeutische Praxis
zu integrieren.
In nun zweiter, stark erweiterter und die neuesten Erkenntnisse aufnehmender
Auflage setzt Hautzinger wiederum einen Standard, dass Therapie mit älteren
Menschen möglich, wichtig und sinnvoll ist und zudem nachweisbare Erfolge
zeitigt.
Fazit
Ein wichtiges Thema, verständlich und fundiert umgesetzt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 09. Juni 2016 2016-06-09 10:42:00