Svetlana Vasilenko hat mit "Die Närrin" ein wunderbares Buch
geschrieben. Die Protagonistin, die 13-jährige Nadjka kehrt eines Tages in ihr
Heimatdorf zurück und zwar genau an die Stelle, wo sie vor Jahren ausgesetzt
worden war. Bruder Marat rekonstruiert ihre Lebensgeschichte: Weil das Mädchen
geistig behindert ist, kümmerte sich niemand um sie und überließ sie ihrem
Schicksal. Sie lebt in einem Heim, von dem sie flieht. Sie trägt die Züge
einer mythischen Lichtgestalt, einer Wunderheilerin. Doch die Odyssee erreicht
ihren Höhepunkt im Oktober 1962, als die Kuba-Krise ausbricht. Die Bewohner
fürchten einen Atomkrieg und erwateen in Hysterie und Todesangst das Ende...
Das Buch steht eindeutig in der Tradition Fjodor Dostojewskis und seiner
"Erniedrigten und Beleidigten". Die Närrin ist eine Nachfolgerin der
"Sonja" aus Dostojewskis: "
Schuld und Sühne". Auch der
jünste der Brüder Karamasow, Aljoscha mit seiner naiven Gutmütigkeit läßt
grüßen. Am ehesten aber erinnert "Der Idiot", Fürst Myskin, an das
vorliegende Buch, welches Motive dieses Hauptwerkes Dostojewskis eindeutig
übernommen hat.
Fazit
Das Buch ist wunderbar und von einer stilistischen Klarheit und Brillianz, dass
ich nur sagen kann: jeder lese dieses wunderbare 190-seitige Meisterwerk,
welches zu recht mit dem Novij-Mir-Preis für den besten russischen Roman des
Jahres 1998 ausgezeichnet worden ist.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 23. Februar 2004 2004-02-23 21:32:48