Die in Neufundland geborene kanadische Schriftstellerin Lisa Moore hatte bereits
mit ihrem Debütroman "Im Rachen des Alligators" einen nationalen
Bestseller gelandet und befindet sich immer noch auf dem wachsenden Ast. In
ihrem 2013 erschienenen Roman "Der leichteste Fehler" geht es um einen
jungen Mann namens David Slaney, der vor wenigen Jahren auf die schiefe Bahn
gerutscht ist. Der Roman beginnt mit dem Ausbruch Slaneys kurz vor seiner
Entlassung aus dem Gefängnis, in welchem er die letzten vier Jahre verbracht
hat. Naiv und blauäugig hatte er damals mit seinem Freund Hearn geglaubt, mal
eben so 2 t Marihuana durch den Atlantik von Kolumbien nach Kanada zu
schmuggeln. Sie waren von kanadischen Fischern entdeckt worden. In ihrer
Unerfahrenheit glaubten sie, die Fischer würden es bei einem Kopfschütteln
belassen. Das taten diese natürlich nicht, sondern informierten die Polizei.
Das Ergebnis: Slaney geht für vier Jahre in den Knast, während sein Freund
Hearn durch einen guten Rechtsanwalt freikommt. Kurz vor seinem Geburtstag
bricht Slaney aus dem Knast aus, um so schnell wie möglich wieder zu Hearn zu
gelangen, denn der nächste Coup steht auf dem Plan. Nun begleitet der Leser den
Protagonisten auf einem road trip durch Kanada. Dabei erfährt er viele
Hintergründe aus dem Leben des jungen Mannes, erfährt, warum Hearn
freigekommen war, wie Slaney aufgewachsen ist, welchen Umgang er mit Mädchen
pflegt und viele weitere einzelne Details. Geht es ihm zunächst darum, seine
Freundin Jennifer wieder zu treffen, so ist das wesentliche Ziel doch sein
Freund. Slaney selbst ist in den Jahren erfahrener geworden und würde lieber
nicht so risikobereit in das nächste Geschäft einsteigen. Doch schließlich
kann ihn sein Freund davon überzeugen, dass alles in Ordnung geht und er sich
keine Sorgen machen bräuchte. Letztendlich vertraut Slaney wieder seinem
Freund, denn schließlich war es dieser, der in den letzten Jahren diesen neuen
Deal organisiert hat. Slaney begibt sich erneut auf eine waghalsige Tour, doch
die wahre Gefahr kann er nicht einmal erahnen.
Lisa Moore ist ein stiller Roman gelungen, der Ende der 1970er Jahre in Kanada
spielt und den Drogenschmuggel von Kolumbien nach Neufundland zum Thema macht.
Sie zeigt den großen Drang nach Freiheit, den ein Mensch verspüren kann, und
dabei die Berücksichtigung aller Risiken vernachlässigt. Erzählt wird
außerdem eine Geschichte von Freundschaft. Es ist eine Geschichte zwischen den
Jugendfreunden von damals und deren Entwicklung bis zur aktuellen Handlungszeit
des Romans. Faszinierend ist die Stimmung, die sie erzeugt, wenn der Leser
versucht, eine Sympathie zum Protagonisten aufzubauen und, ähnlich wie in den
Geschichten des großen amerikanischen Schriftsteller T. C. Boyle, erkennen
muss, dass der Protagonist auf ein riesiges Desaster zuläuft. Zwar kann der
Leser versuchen, den Protagonisten Glück zu wünschen, aber letztendlich ahnt
er, dass dieser Wunsch nicht sehr viel helfen wird.
Kritisch an dem Buch finde ich zwei Sachen, auf die die Schriftstellerin
wahrscheinlich weniger Einfluss hatte. Das ist einerseits der Umschlag der
deutschen Ausgabe, dessen Bild gar nichts zu dem Inhalt des Romans aussagt. Zum
anderen sind es die fehlenden Anführungszeichen für die wörtliche Rede.
Künstlerische Freiheit hin oder her, eine Autorin hat die Pflicht, ihren Lesern
das Lesen weitgehend zu erleichtern und ihnen dabei Hilfestellung zu geben. Wenn
die Dialoge ohne Kennzeichnung ausgeführt werden, dann erschwert dies das Lesen
ungemein. Ständig muss sich der Leser orientierten, und bei jedem Satz
versuchen, herauszufinden, ob es sich um eine wörtliche Rede, die Stimme des
Erzählers oder gar die Gedanken einer Figur handelt. Nach etlichen Seiten
Lesens gewöhnt sich der Leser zwar an diesen Stil, aber besonders attraktiv
wird es ihm nicht gemacht.
Fazit
Da bei mir die Geschichten im Vordergrund stehen, vergebe ich dennoch eine klare
Empfehlung und sehe dabei über die genannten Kritikpunkte hinweg.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 11. Mai 2015 2015-05-11 22:04:34