Mit Leib und Seele heimgekehrt nach Mühldorf war der Oberkommissar Max Kramer,
hatte seine Zelte in München abgebrochen und war zurück im beschaulichen
Altötting, dem Ort, der den krönenden Höhepunkt vieler Pilgerreisen bildet
und den Gläubigen eine andachtsvolle, geruhsame Atmosphäre bietet, die zur
gemeinsamen inneren Einkehr und Zwiesprache mit Gott einlädt. Aber - der Himmel
ist Zeuge - von Ruhe und innerer Einkehr konnte nun überhaupt keine Rede sein,
weil der Bichler-Wirt tot in der Kirche lag und dadurch weitaus mehr Probleme
machte als er's schon im lebendigen Zustand vermocht hatte. Außerdem traf Max
auf seine ehemalige Jugendliebe Vevi Unterprammer, die allerdings jetzt in ein
schwarzes Habit gekleidet als Maria Evita zu den Novizinnen ins Kloster
eingetreten war. Was allerdings nicht hieß, dass die Vergangenheit keine
Bedeutung mehr hatte. Im Gegenteil, es knisterte sogar noch recht hörbar
zwischen den beiden, und der Max schätzte Marias Hilfe bei der
Ermittlungsarbeit nicht nur, weil sie sich mit den "heiligen und unheiligen
Bürgern" in seiner Heimatstadt so gut auskannte. Als nun die Recherchen in
der Stiftskirche unmissverständlich daraufhin deuteten, dass hier am Bichler
ein eiskalter Mord verübt worden war, schlug diese Erkenntnis im ehrwürdigen
Wallfahrtsörtchen Altötting ein wie der Fuchs im Hühnerstall. Im Handumdrehen
entstand ein Kreis verdächtiger Bürger, deren verlogen-scheinheilige
Glaubwürdigkeit doch recht massiv erschüttert wurde. Und nicht nur in der
Gegenwart ging alles drunter und drüber, auch in den Kellern der Vergangenheit
schienen einige Leichen verborgen zu sein, die der liebenswerte, bayrische
Gesetzesvertreter Max mit seinem Dickschädel und der Hilfe von Vevis christlich
gelenkten, weiblichen Intuitionen ans Licht der Gerechtigkeit holte.
Mit diesem Debütroman hat der Autor Anton Leiss-Huber eine wunderbare
"christlich-kriminalistische" Story abgeliefert. Auf der Bühne eines
anheimelnden, urbayrischen Wallfahrtsortes wie Altötting lässt er ein ganzes
Ensemble Schauspieler ein unterhaltsames Theaterstück aufführen, das den Leser
durch seine authentische, bunte Vielfalt überzeugt. Jede einzelne Rolle ist
exzellent besetzt, die Protagonisten liefern sich einen kurzweiligen, spannenden
und regional so gut erkennbaren Schlagabtausch, dass man wirklich seine Freude
an diesem Repertoire haben kann. Schwierig vorauszusehen aber absolut logisch
nachvollziehbar steuert die ganze Sache ohne Verlust ihres Spannungsbogens auf
das Ende dieser außergewöhnlichen oberbayrischen Geschichte zu und lässt mich
als zufriedenen Leser zurück. Mag sein, dass sich die Madonna in der
Stiftskirche bei manchen Ausführungen den Zipfel ihres Mantels vor die Augen
hält, wenn's mal wieder einen Seitenhieb auf die Geistlichkeit gibt - es sei
allerdings anzumerken, dass es im Buch nicht um mangelnde Gottesfürchtigkeit
geht - hier wird nur "das Personal" gerügt. "Gnadenort" ist
ein flotter Regional-Krimi, ein spannendes, kurzweiliges Lesevergnügen, dessen
Autor Anton Leiss-Huber sicherlich die Lizenz zum Weiterschreiben besitzt.
Fazit
Ein Mord bleibt ein Mord - auch am heiligen Ort. Unterhaltsam, spannend und
humorvoll liefert der Autor hier Kriminalistisches aus Oberbayern.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 13. März 2015 2015-03-13 21:33:08