Die besten Eindrücke von ihrer neuen Wahlheimat Tirol hatte die erfolgreiche
Kommissarin Valerie Mauser im Augenblick noch nicht. Man hatte sie aus Wien
hierher ans LKA nach Innsbruck gerufen, weil es einen verzwickten Fall zu lösen
gab. An diesem Morgen jedoch, als ein Anruf ihrer Mutter sie ziemlich verkatert
aus dem Bett holte, hatte sie einen feucht-fröhlichen Einführungsabend mit
Hubertus Freudenschuss, dem Landeshauptmann, hinter sich und startete etwas
lädiert in ihren ersten Arbeitstag. Der Fall war sehr brisant, es ging um eine
Kindesentführung. Lizah, bei der es sich ausgerechnet um die fünfjährige
Tochter des Oligarchenpaares Boris und Janette Marinov handelte, war nach einem
Skikurs entführt worden, und die ersten Verhaltensmaßregeln mit
Lösegeldforderung war bereits eingegangen.
Die Marinovs waren in der österreichischen High Society bekannt, man behandelte
sie auf Grund ihres außergewöhnlichen Vermögens als hochwillkommene Gäste
und wertvolle Bereicherung der Tiroler Touristik-Szene. So erhielt Valerie die
Order, alle Ermittlungen in absoluter Geheimhaltung und unter dem Siegel
lückenloser Verschwiegenheit durchzuführen. Dass solche Methoden in dieser
Gesellschaftsschicht nicht absolut erfolgreich sind, sondern statt dessen Vieles
verschwiegen wird, was zur Lösung des Verbrechens beitragen könnte, erfuhr die
ehrgeizige Ermittlerin recht schnell. Valerie, von ihrem alten Wiener
"Mitstreiter" Stolwerk liebevoll "Veilchen" genannt, legte
sich mit Unerschrockenheit, Intelligenz und schlagfertigem Witz ins Zeug, um
Licht in den russischen Sumpf zu bringen. Was dabei zwischen Polizeirevier und
Pathologie zu Tage kam, überraschte eine Menge Leute - nicht nur den Leser.
Joe Fischler hat hier sein flüssig geschriebenes Debüt vorgestellt. Wenngleich
auch die Geschichte nicht von einer übermässigen Spannung des eigentlichen
Kriminalfalls dominiert wird, so bringt doch die authentische, detaillierte
Schilderung der Protagonisten und ihr Zusammenwirken absolutes Lesevergnügen.
Sei es nun Valeries Mutter Pauline, die, verwitwet und standesbewusst, sich gern
noch mit dem Doktortitel des Vaters schmückt und ihre Tochter als " meine
Tulpe" bezeichnet, sei es der blonde, wuschelhaarige Computerfachmann Jens
Schmatz oder der langjährige Freund Manfred Stolwerk, der in hünenhafter
Zuverlässigkeit eigentlich immer da ist, wenn man ihn braucht, oder auch eine
gewisse Souffleuse, die einen "Stammplatz" hat und sich gern mit
Kritik und Selbstironie in Valeries Angelegenheiten mischt.
So ist der komplette erste Fall des Oberleutnants Mauser, wie Veilchens korrekte
Bezeichnung lautet, hervorragend besetzt und lässt absolute Regional-Stimmung
aufkommen. Ein Alpenkrimi, dessen Action nicht atemlos macht, der aber zum
vergnüglichen Genießen einlädt. Ich denke, dass diese Tiroler Impressionen
Zukunft haben und neue Ermittlungen folgen werden. Die Freunde des Genres werden
Veilchen im Auge behalten.
Fazit
Gelungenes Debüt mit viel Lokalkolorit und außergewöhnlichen Protagonisten.
Vergnügliche, humorvolle Story, die einige überraschende Wendungen bietet und
das kriminalistische Gespür des Lesers fordert.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 17. Januar 2015 2015-01-17 11:47:26