Das hier zu besprechende Werk ist der dritte Band einer in Kooperation der
Verlage C.H. Beck und Harvard University Press publizierten neuen
Weltgeschichte. Es ist ein ambitioniertes Unterfangen, das auch einen anderen
Weg beschreitet als die (ebenfalls noch nicht abgeschlossene) "Neue Fischer
Weltgeschichte". Die "Geschichte der Welt" schildert große
Zeitabschnitte und betrachtet globale Räume zusammenhängend. Das bedeutet im
vorliegenden Fall eine Fülle von Informationen über die werdende Staatlichkeit
in Europa, das Osmanische Reich, Ostasien und Ozeanien etc.
Dieses Vorgehen hat freilich Vor- und Nachteile. So kann der Leser sich zwar
einen "globalen Überblick" verschaffen, allerdings nur zeitlich
beschränkt, während etwa die "Neue Fischer Weltgeschichte" globale
Räume über längere Zeiträume betrachtet - und dafür andere Teile der Welt
ausblendet. Der vorliegende Band ist in sechs unterschiedlich ausführliche
Teile gegliedert. In der Einleitung ("Weltreiche, Weltmeere - und der Rest
der Welt") schildert Wolfgang Reinhard, der Herausgeber des Bandes,
allgemeine Strukturmerkmale und bietet einen Einstieg in die durchaus komplexe
Thematik. Daran schließen sich fünf Kapitel an, die teils thematisch - Peter
Perdue widmet sich den "Imperien und Grenzregionen in
Kontinentaleurasien" -, teils geographisch ausgerichtet sind. Suraiya
Faroqh behandelt ausführlich das Osmanische Reich und die islamische Welt,
Stephan Conermann Südasien und den Indische Ozean, während Südostasien und
Ozeanien von Reinhard Wendt und Jürgen G. Nagel behandelt wird. Im letzten
Kapitel thematisiert Reinhard noch einmal "Europa und die atlantische
Welt", also den Beginn der europäischen Expansion.
Alle Kapitel sind fachlich kaum zu beanstanden und beziehen die neuere Forschung
offenbar mit ein. Nicht zwingend innovativ, aber doch begrüßenswert ist ein
Durchbrechen der alten Periodisierungsstufen, denn der Band beginnt im
Spätmittelalter und reicht bis in die ausgehende Frühe Neuzeit. Das ist
durchaus sinnvoll, denn somit kann ein spezifischer Blickwinkel (die Entstehung
großer Reiche, die überseeische Entdeckung und Expansion sowie die
wirtschaftliche Vernetzung) zusammenhängend geschildert werden.
Der Band richtet sich an ein breites Publikum, doch sind manche Teile recht
vertiefend gestaltet. Grundwissen wird zwar nicht zwingend vorausgesetzt, ist
aber doch teils sinnvoll, denn die politische Geschichte tritt eher in den
Hintergrund, wodurch aber auch manche Zusammenhänge für den Laien nicht immer
erkenntlich sind. Die strukturgeschichtlichen Teile gleichen das teils aus und
hier glänzen auch die unterschiedlichen Beiträge. Sehr begrüßenswert ist
zudem die Lesbarkeit der Kapitel und die rasche Orientierung anhand der
Stichwörter für neue Abschnitte.
Fazit
Der vorliegende Band ist kaum zur leichten Lektüre geeignet, entschädigt
dafür aber mit einer enormen thematischen Breite und hervorragenden Beiträgen.
Hervorzuheben ist der hier verfolgte wirklich globale Ansatz einer
Weltgeschichte, auf die sich der Leser aber einlassen muss. Wer dazu bereit ist,
erhält ein großartiges Panorama einer interessanten Zeit.
Vorgeschlagen von B. Kiemerer
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veröffentlicht am 29. November 2014 2014-11-29 16:37:42