Hauptkommissar Robert Marthaler hat zusätzlich zur Leitung einer der
Frankfurter Mordkommissionen die Cold Case Unit übernommen, die seit langem
ungelöste Fälle komplett neu aufrollt. Ein Fall von 1985 hat Marthaler
besonders berührt, weil er das Opfer flüchtig kannte. Bei einer
Aufklärungsquote für Kapitalverbrechen von 96% in Deutschland ist leicht
nachvollziehbar, dass Marthaler genau diesen Fall nicht ungelöst im Aktenkeller
abgelegt wissen will. Marthaler beißt sich in den Akten fest, er hadert mit
Entscheidungen von damals, die die technischen Möglichkeiten der Ermittler
heute nicht voraussehen konnten - und sucht schließlich mithilfe von Interpol
nach vergleichbaren Fällen in anderen Ländern.
Bei Marthaler meldet sich die junge Hamburger Journalistin Anna Buchwald, mit
der er vor einigen Jahren in "
Die Akte Rosenherz"
zusammengearbeitet hat. Anna verfolgt in Frankfurt die Spur ihrer Ausbilderin an
der Journalistenschule, Herlinde Scherer. Die ältere Dame hat als legendäres
Urgestein des deutschen Enthüllungs-Journalismus über große Kriminalfälle
geschrieben. Als Anna und Marthaler Herlindes Spur in ein billiges Hotel folgen,
finden sie die Frau tot auf. Wenn Herlinde mit einer falschen Identität extra
aus Hamburg anreiste, kann sie nur einem ganz großen Skandal auf der Spur
gewesen sein, vermutet Anna. Schneller als Marthaler selbst die Mordkommission
rufen kann, erscheint am Tatort der LKA-Ermittler Rotteck. Extrem gereizt
darüber Marthaler dort anzutreffen, reißt Rotteck die Ermittlungen an sich und
versucht hastig Kriminaltechnik und Rechtsmedizin auszubooten. Im Hinterzimmer
des Hotels Zooblick haben sich am Tag vor Herlinde Scherers Tod hessische
Politprominenz und Lobbyisten getroffen, die Rotteck unbedingt zu schützen
versucht. Marthaler will sich vom LKA nicht so plump abschütteln lassen und
nimmt mit Annas Hilfe halbdienstliche Ermittlungen im Fall Herlinde Scherer auf.
Nur gemeinsam mit Anna kann Marthaler herausfinden, wem die Journalistin auf
der Spur war.
In Hessen brachte die Landtagswahl ein politisches Patt. Weder Schwarz-Gelb noch
Rot-Rot verfügen über eine Mehrheit, bei der Wahl des neuen
Ministerpräsidenten kommt es auf jeden einzelnen Abgeordneten an. Mehrheiten
müssen um jeden Preis beschafft werden, Gegner und Befürworter des
Flughafenausbaus, Naturschützer und Gewerbetreibende ziehen ihre Fäden. In
dieser angespannten Situation soll ein CDU-Mitglied mit getürkten Beweismitteln
zum Rückzug aus der Politik gepresst werden. Offiziell breits vom Fall
abgezogen, reizt Marthaler nun aus, wie weit er die Mauscheleien zwischen
Politik, Wirtschaft und Polizei durchschauen kann, ehe er selbst vom Dienst
suspendiert wird. Für dieses Ziel schluckt der Kommissar sogar die Kröte, mit
einer Journalistin zusammenarbeiten zu müssen. Marthalers Kollegen ziehen ohne
Rücksicht auf evtl. Pensionsansprüche mit bei seiner sehr freien Auslegung der
Dienstvorschriften. Obwohl der Chef der Mordkommission berüchtigt dafür ist,
bei seinen nächtlichen Überstunden die Süßigkeiten der Kollegen zu
vernichten, hat er bei seinen Mitarbeitern einen Stein im Brett.
In Seghers spannendem Plot, der einen aktuellen Mordfall mit einem 30 Jahre
alten ungeklärten Fall verknüpft, sind die Ähnlichkeiten mit konkreten
Ereignissen und Personen nicht zu übersehen. Marthalers fünfter Fall lebt
durch die unangepasste, leicht melancholische Persönlichkeit des hessischen
Ermittlers. So wie Marthaler zu seinem ungeklärten Altfall steht, muss es sich
anfühlen in seiner Haut zu stecken. In dem Sumpf aus Korruption, den Marthaler
aufdeckt, muss er jedes Wort auf die Goldwaage legen; eine Kunst, die Jan
Seghers perfekt beherrscht.