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Till Raether: Treibland

Treibland

von Till Raether
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Krimi
ISBN-13 978-3-499-26708-6

Preis: 5,10 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Was der Name verhieß, erfüllte sich leider für die an Bord befindlichen Passagiere und etliche weitere Personen über geraume Zeit nicht. Das italienische Motorschiff "Große Freiheit", das unter panamesischer Flagge mit Route durch die britischen Inseln im Hafen von Hamburg-Altona Anker gesetzt hatte, war ein schwimmendes Gefängnis geworden, seit an Bord der Kaufmann Carsten Lorsch an einem unbekannten Virus erkrankt und mit extrem starken Blutungen und hohem Fieber verstorben war. Das luxuriöse Kreuzfahrtschiff wurde nach dem Anlegen unter Quarantäne gestellt, jegliche Kontakte untersagt.

Panamesische Ermittler mussten angefordert werden, um den mysteriösen Tod aufzuklären und bis zu deren Eintreffen durfte auch die Hamburger Polizei nicht untätig sein. Allerdings scheute der Vizepolizeipräsident allzu großes Aufsehen und die Chefin des Hamburger Landeskriminalamtes stellte daher zwei ihrer Beamten zur Verfügung, deren Arbeitsweise genau das Mittelmaß versprach, das hier gewünscht wurde. Da war zum einen Adam Danowski, ein Kommissar, der es vorzog, möglichst übersichtlichen Problemen zu begegnen, die von seinem Schreibtisch aus erledigt werden konnten, weil alles Neue ihn durch die ihm eigene Hypersensibilität über die Maßen forderte und ermüdete, zum anderen Andreas Finzel, Finzi genannt, der nach Überwindung von bewegter Vergangenheit mit überstandener Alkoholsucht und missglücktem Suizidversuch nun wieder ordnungsgemäß seinen Dienst versah.

Das tödliche Virus wurde durch Dr. Tülin Schelzig, eine Virologin des Tropenmedizinischen Instituts Hamburg als Filovirus identifiziert, dessen Verbreitung auf afrikanischem Boden bekannt war. Aber wie konnte diese tödliche Gefahr an Bord kommen, obwohl die Route des Liners vollkommen andere Schifffahrtswege genommen hatte? Wieso war ausgerechnet Lorsch das Opfer und wo war Simone Bender, die rothaarige, attraktive junge Frau, für die Carsten Lorsch die Kreuzfahrt gebucht hatte? Wo lag der Ansatzpunkt für dieses Verbrechen, wo konnte die Klärung beginnen?

Einer Fülle von Fragen muss Kommissar Danowski sich stellen, als er an Bord die Recherchen aufnimmt. Mit Unterstützung seines Kollegen Finzel und der Rechtsmedizinerin Christine Ehlers versucht er den Tod des Geschäftsmannes aufzuklären - und das mit einem für ihn ungewöhnlichen Engagement, als ihm klar wird, das ungeahnte Machenschaften hinter der Virus-Infektion stecken, die wie Treibland auf See ein Täuschungsmanöver für ganz andere Tatbestände ist. Doch seine couragierte Ermittlung bedeutet Lebensgefahr und ruft seine Gegner auf den Plan, sodass Carsten Lorsch nicht das einzige Opfer dieser Inszenierung bleibt.

Till Raethers Debüt ist generell erst einmal wunderbar in vielen Belangen.

Seine Protagonisten sind eindringlich und authentisch, seine Sprache ist flüssig und reichhaltig, seine Worte voll phantasievoller Fülle, wie man es selten antrifft. Er schafft es hervorragend, eine Atmosphäre zu gestalten, die der unheimlichen Situation dieses Pestschiffs gerecht wird und in die auch der Leser sich hineingezogen fühlt. Sein Stil ist eine Wanderung zwischen teils flapsiger Ironie und aufgelockertem Humor bis zu nachdenklich machenden Zugriffen auf innere Einstellungen und äußere Befindlichkeiten. Eine wohldosierte, angenehm zu genießende Mixtur, die das Lesen flott und unterhaltsam gestaltet. Ermittlungen nehmen den Leser mit in verschiedene Richtungen, viele Möglichkeiten liegen im Geschehen, deren Erzählstränge in einer logischen, sehr gut nachvollziehbaren Auflösung enden.

Dass der Autor sein Werk einen "Kriminalroman" nennt, könnte vielleicht bei diesem oder jenem Leser eine falsche Vorstellung erwecken. Durch die sehr ausführliche, ins kleinste Detail gehende Schilderung von Charakteren und Situationen ist man eventuell zuerst geneigt, einen fortlaufenden Spannungsbogen zu vermissen, weil dieses Buch dem üblichen Schema der Kriminal - und Thriller-Literatur nicht entspricht. Im Fortgang des Romans allerdings wird diese ausgefallene Art des Schreibens zunehmend zum Lesegenuss und bringt eine wunderbare Integration in die mysteriöse Situation ohne diese zu "pushen", wie es in anderen Krimis teilweise gehandhabt wird.

Für mich volle Punktzahl und absolut lesenswert.
Fazit
Kriminalistisches Treibland - ein ausgefallenes, lohnenswertes Debüt.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne
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Vorgeschlagen von brillenbaby [Profil]
veröffentlicht am 25. April 2014

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