Mei steckt ihren Finger mit der pochenden Blutsbrüderschaftsnarbe in den Mund.
"Jetzt hat jeder von uns zwei Herzen und das in den Fingerspitzen teilen
wir uns", sagt Leo.
Mei und Leo wohnen sich gegenüber in der gleichen Straße, doch ihrer Leben
sind grundverschieden. In Meis Familie spürt man Liebe und Wärme, in Leos
Familie herrschen Angst und häusliche Gewalt. Mei, die für ihr Leben gerne
läuft, versucht Leo, der durch zwei unterschiedlich lange Beine gehbehindert
ist, zu helfen, wo sie nur kann. So beobachtet sie jeden Abend sein
Zimmerfenster und bleibt es dunkel, schleicht sie rüber, um ihn aus dem Keller,
in den ihn sein Vater sperrt, zu befreien. Auf einem verwilderten Grundstück
richten sie sich einen gemeinsamen Glücksort ein, bis Leos Vater sie dort
aufstöbert und es zu einem großen Unglück kommt. Doch Mei gibt nicht auf. Sie
ist fest entschlossen, Leo auch diesmal zu retten.
Was an diesem Jugendbuch zuerst auffällt ist sein außergewöhnliches Cover:
Worte aus Kieselsteinen gelegt, eine rote Wollmütze, ein Kinderarm, der einen
Baum umfasst, und viele Details mehr machen sofort neugierig auf die
Geschichte, die sich dahinter verbirgt. Und die hat es in sich! Die ersten
Seiten lesen sich wie ein Krimi. Manche Seiten enden mit Cliffhangern, sodass
man den Atem anhält und schnell umblättert. Mei als Ich-Erzählerin lässt den
Leser intensiv ihre Gefühle, Hoffnungen und Ängste miterleben. In den von
Maike Dörries sehr einfühlsam übersetzten Sätzen der Norwegerin Synne Lea
steht kein überflüssiges Wort. Ihre Sätze sind kraftvoll und stellenweise
herzerwärmend poetisch. Pausen zwischen den Absätze bieten Raum zum Verweilen
und Luftholen. Dazu ein Schluss voll kraftspendender Hoffnung.
Fazit
Ein rundum tolles Buch! Für ein Erstlingswerk mehr als beachtlich und unbedingt
lesenswert.
Vorgeschlagen von Maren Partzsch
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veröffentlicht am 13. Januar 2014 2014-01-13 21:23:51