Nini und Jameelah sind vierzehn und leben in Berlin. Sie und ihre Freunde leben
in unvollständigen oder Patchworkfamilien. Ninis Mutter hat schwere
Depressionen, ihre kleine Schwester hat bereits ein Alkoholproblem, Jameelahs
Familie droht die Abschiebung in den Irak. Ihr Lieblingsgetränk ist eine
Mischung aus ein bisschen Schulmilch, viel Maracujasaft und ordentlich
Mariacron, die sie Tigermilch nennen. Wenn die beiden mal etwas besonders
krasses tun wollen, um sich abzulenken und sich lebendig zu fühlen, fahren sie
zum Straßenstrich und üben mit den Freiern, "für später, für das
echte Leben, irgendwann mal müssen wir ja wissen, wie alles geht." Sie
spielen Stadt, Land, Aids, denn sie kennen kaum Flüsse, dafür ausreichend
schlimme Krankheiten. Bei ihnen zuhause ist es so deprimierend, dass sie die
Kinder in der Kinderklinik beneiden und Nini dorthin "reist", als
ginge es in den Urlaub und nicht zum Entfernen ihrer Weisheitszähne.
Glück schimmert durch, wenn die beiden mit ihren Freunden die Sommerferien im
Freibad genießen oder um Mitternacht auf dem Spielplatz Rosenblätter
verstreuen, um einen Klassenkameraden mit einem Liebeszauber zu belegen, wie sie
es in einem Buch über Hexerei aus der Bücherei gelesen haben. Doch genau in
dem Moment gerät ihre Welt völlig aus den Fugen: sie beobachten wie einer
ihrer Freunde seine Schwester ersticht. Ein alter Hass unter Volksgruppen, der
Kriegsflüchtlinge und ihre Kinder bis in ihre Hochhaussiedlung begleitet hat,
stellt die Freundschaft der Mädchen und ihrer besten Freunde auf eine harte
Probe.
Der Autorin gelingt es die Sprache und die Gefühle der Jugendlichen rundum
überzeugend widerzuspiegeln. Ausgezeichnet! Doch wenn auf dem Bucheinband Jan
Brandt mit dem Urteil "wahnsinnig komisch" zitiert wird, dann muss das
irgendwie aus dem Zusammenhang gerissen sein. Denn genau das ist das Buch
wahrlich nicht! Auch wenn es Passagen gibt, in denen die Mädchen z.B. bei
amüsanten Wortspielen durchschnaufen, sodass auch der Leser sich kurz
entspannen kann.
Fazit
Mich als Frau und Mutter hat das Buch extrem aufgewühlt. Wenn Nini und Jameelah
meinen, ihnen ginge es besser als den Straßenkindern in Guatemala, war ich mir
da gar nicht so sicher! Mitten unter uns! Kindheiten in Deutschland sind alles
andere als behütet und rosarot oder himmelblau. Gerade deswegen sollte man das
Buch lesen.
Vorgeschlagen von Maren Partzsch
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veröffentlicht am 09. Januar 2014 2014-01-09 18:49:22