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Anatolij Rybakow: Stadt der Angst

Stadt der Angst

von Anatolij Rybakow
Verlag: dtv [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-423-11962-7

Preis: 28,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. Dezember 2024]
Zunächst muss konstatiert werden, dass "Stadt der Angst" ein weiterer Folgeband der Trilogie "Die Kinder vom Arbat" ist. Der erste und künstlerisch eindrucksvollste Band ist "Die Kinder vom Arbat", der mit dem 17. Parteitag im Februar 1934 beginnt, auf dem Josef Stalin seine Macht festigt und mit der - vermutlich von diesem veranlassten - Ermordung seines Rivalen, des Moskauer Stadtparteichefs Kirow, endet. Der erste Folgeband: "Jahre des Terrors" schildert die Jahre 1935/36 mit den stalinistischen Schauprozessen. Dieser Band scheint nicht mehr aufgelegt zu werden. Ihm schließt sich der vorliegende Band: "Moskau, Stadt der Angst" an. Wie aus dem "Roman der Erinnerung", den Memoiren Rybakows, hervorgeht, bilden: "Jahre des Terrors" und "Stadt der Angst" den zweiten Teil der Trilogie. Der dritte Teil: "Staub und Asche" ist leider auf Deutsch nie aufgelegt worden und vollendet die Erlebnisse des Autors, der im Roman Sascha Pankratow heißt und seiner Geliebten Warja, deren Schicksal sich im Zweiten Weltkrieg vollendet. Dieser dritte Teil ist leider nur auf Englisch mühsam zu erhalten.
Das besondere an diesen Bänden ist, dass - mit Ausnahme von Alexander Beks: "Die Ernennung" Stalin selber auftritt. In diesen Bänden rückt er mehr und mehr in den Mittelpunkt, die Erlebnisse der "Kinder vom Arbat", d.h. des Idealisten Sascha Pankratows und Warjas einerseits und seines Gegenspielers Jura Scharoks andererseits, der bei der Geheimpolizei Karriere macht, werden hier fortgesetzt. Sascha muss von einem Ort zum anderen in die Verbannung fliehen. Ob es ihm gelingt, seine Mutter und Warja wiederzusehen?

Dieser Fortsetzung fehlt es leider eindeutig an der Gestaltungskraft des Erstlingswerkes, wie zahlreiche Kritiken zu recht bemerkt haben. Dennoch kenne ich, mit Ausnahme des erwähnten Buches von Alexander Bek und Lydia Tschukowskajas: "Sofja Petrowna" keinen besseren Roman über den Stalinismus, wenn man die Dokumentationen von Rogowins über die Stalinzeit außer acht lässt, die die Atmosphäre jener Zeit ebenfalls akribisch nachzeichnen.
Die Brutalität, Härte und Skrupellosigkeit Stalins wird hervorragend herausgearbeitet. Allerdings werden die Fehler des Systems auch nur diesem zur Last gelegt. Pankratow wirkt wie ein früher Gorbatschow. Wenn die Idealisten gesiegt hätten, so die Botschaft des Buches, wäre es zu den beklagenswerten Fehlentwicklungen möglicherweise nicht gekommen. Opportunismus wird heftig angeprangert, doch das Schicksal Saschas ändert sich nicht. Lediglich seinen Onkel, der ihn in dem ersten Band: "Die Kinder des Arbat" nicht geschützt und vor der Verhaftung bewahrt hat, trifft die gerechte Strafe: er fällt den Säuberungen Stalins zum Opfer.

Klasse gemacht ist die Zeichnung der düsteren Atmosphäre, die in der Hinrichtung der bekanntesten Gegenspieler Stalins, unter anderem Sinowjews und Kamenews, endet. Insofern ein zwiespältiges Fazit: es fehlt das Ende, der letzte Band, der im Deutschen nicht übersetzt wurde und die gestalterische Kraft des ersten Bandes haben beide Folgebände: "Jahre des Terros" und "Moskau, Stadt der Angst", nicht. Allerdings wird hier dennoch insgesamt ein unübertroffenes Bild der Stalinzeit von einem Betroffenen gezeichnet, denn Rybakow ist Sascha und hat all die Erlebnisse gehabt. Auch die Szenen mit Stalin sind authentisch.
Fazit
Insofern ein wichtiger Roman und sicherlich "der" Roman über diese Zeit. Der Abschluß der Trilogie sollte meines Erachtens dringend ins Deutsche übersetzt werden. Dies sind wir Rybakow schuldig.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne
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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 29. Dezember 2003

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