Zugegeben: Als Fan des amerikanischen Schauspielers Tom Selleck (Magnum P.I.)
kommt man kaum umhin, sich auch in Sekundärliteratur mit den Figuren zu
befassen, die von ihm verkörpert wurden und werden. Das führte unweigerlich zu
dem amerikanischen Schriftsteller Robert B. Parker, dessen bekannteste
Serienfigur der Privatdetektiv Spenser, gespielt von dem Schauspieler Robert
Urich, ist. Um dem Privatdetektiv etwas entgegenzusetzen, schuf Parker den
Polizisten Jesse Stone. "Das dunkle Paradies" erschien 1997 unter dem
Titel "Night Passage" und ist der erste Fall für den
alkoholabhängigen L.A.-Cop.
Stone wurde in Los Angeles wegen seines Problems gefeuert. Er war in den Augen
seiner Chefs nicht mehr polizeitauglich. Doch er hat Glück. Er bekommt ein
Vorstellungsgespräch und wird Polizeichef in einem kleinen Örtchen namens
Paradise an der Ostküste der USA. Eine ruhige und beschauliche Kleinstadt, in
der er in aller Ruhe sein Alkoholproblem aus der Welt schaffen kann, denkt er.
Doch er ahnt zunächst nicht, dass ihn der Stadtrat gerade deshalb als
Polizeichef eingestellt hat, weil er Trinker ist. Auch die Herren Stadträte,
allen voran ihr Obermuffti Hasty Hathaway, der gleichzeitig der Inhaber der
ortsansässigen Bank ist, brauchen für die Abwicklung ihrer miesen Geschäfte
Ruhe und vor allem keinen herumschnüffelnden Polizeichef.
Zentraler Angelpunkt des Romans ist die Figur des Jesse Stone. Die Aufklärung
der Kriminalfälle sind unterhaltsame Nebensache. Jesse Stone ist reizvoll
spannend mit seiner Vita. Zwar wollte Parker keinen zweiten Spenser schaffen,
aber irgendwie schien ihm doch die Figur eines Privatdetektivs am Herzen zu
liegen. Zwar ist Stone kein P.I., sondern Cop, aber die Probleme, die er mit
sich herumschleppt, ähneln ganz denen eines Privatdetektivs. Sie lassen sich
vielleicht auf den kleinen Nenner bringen: alkoholabhängiger Looser bzw.
Underdog. Nach seinem Rausschmiss bei der Mordkommission von Downtown L.A.
braucht er auch Abstand von seiner Freundin, die sich durch die Betten Hollywood
hangelt, um eine Karriere als Schauspielerin zu starten. Der Job auf der anderen
Seite der USA kommt ihm da gerade recht. Er mag zwar noch sein Problem mit dem
Trinken haben, aber das heißt noch lange nicht, dass er nicht mehr für Recht
und Ordnung eintreten kann. Schließlich gehörte er in L.A. nicht umsonst zu
den erfolgreichsten Ermittlern mit einer hohen Aufklärungsquote.
Die Figur scheint dem Schauspieler Tom Selleck wie auf den Leib geschrieben.
Doch sie ist es nicht. Es gab sie zuerst, dann wurde gecastet und Tom passte zu
Jesse wie die Faust aufs Auge. Obwohl die Romanfigur wesentlich jünger als die
Filmfigur ist, hat man dieses Alter schnell ausgeblendet. Denn wenn man die
Jesse-Stone-Filme (sie gibt es auch in einer deutschen Fassung) zuerst gesehen
hat, dann hat man beim Lesen eh immer das Gesicht der Filmfigur vor Augen. Und
dann stimmt alles. Dann lehnt man sich zurück, spaziert durch eine
amerikanische Kleinstadt, vergisst die Zeit und ist ständig getrieben von der
Frage, ob Stone die Probleme in der Stadt und die in seinem Herzen und seinem
Kopf in den Griff bekommt.
Fazit
Dem Bielefelder Pendragon Verlag ist es zu verdanken, dass die Romane von Robert
B. Parker, sowohl "Spenser" als auch "Jesse Stone", in
Deutschland auch auf Deutsch verfügbar sind. Der erste Fall für Jesse Stone
hat meine Erwartungen voll erfüllt.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 09. Januar 2014 2014-01-09 15:14:16