Dieser Roman ist der unmittelbare Nachfolger des ein Jahr zuvor erschienenen
Romans "Monsieur Papon oder ein Dorf steht Kopf" Er beginnt etwa
wenige Tage nach der Handlung des ersten Romans. Hautnah kann der Leser den
Mikrokosmos in einem Bergdorf in Frankreich erleben. Während im ersten Roman
die Einwohner des Dorfes Fogas durch den Zuzug eines englischen Ehepaares, die
die Dorfschenke betreiben wollen, erschüttert, so werden die Einwohner in
diesem zweiten Roman auf ein neues durcheinandergewirbelt.
Fabian, der Neffe von Josette, die die Inhaberin des kleinen Tante-Emma-Ladens
ist, hat in Paris studiert und gearbeitet. Nun kehrt er nach Fogas zurück.
Zurück deshalb, weil er als Kind jedes Jahr von seinen Eltern hier hergeschickt
wurde, um die Sommerferien zu verbringen. Deshalb ist ihm das Dorfleben nicht
sehr nicht unbekannt. Nach all dem Trubel in der Metropole Paris sehnt er sich
nach dem Landleben und hat die großartige Idee, seiner Tante beim Betrieb des
Tante-Emma-Ladens unter die Arme zu greifen. Diese Idee kommt natürlich nicht
von ungefähr, schließlich ist aus den Erbschaftsunterlagen von Jacques, dem
verstorbenen Onkel, herauszulesen, dass Fabian die Hälfte des Ladens geerbt
hat. Weil sich Josette nicht im komplizierten Erbschaftsrecht auskennt, war sie
nie auf den Gedanken gekommen, dass ihr der Laden nicht allein gehörte. Getreu
dem Sprichwort "Neue Besen kehren gut" hat der junge Banker ganz
frische und mutige Ideen, den Laden im Dorf wieder in Schwung zu bringen.
Selbstverständlich kommt er nicht auf die Idee, irgendjemanden, und schon gar
nicht seine Tante, zu fragen, ob sie damit einverstanden sei. Dass er damit alle
Vorurteile der Dorfbewohner gegenüber den Großstädten unterstützt, fällt
ihm nicht im Traum ein. Parallel dazu erleben wir die Geschichte von Stephanie,
die auch vor kurzer Zeit in das Dorf gekommen war mit ihrer Tochter Chloé.
Keiner ahnt, dass Stephanie vor ihrem Mann geflüchtet ist, um mit ihrer Tochter
den ständigen Wutausbrüchen ihres ewig betrunkenen Ehemanns zu entgehen.
Stephanie hatte sich in Fogas bereits ein neues Heim aufgebaut und sich
hervorragend in die Dorfgemeinschaft eingearbeitet. Doch Stephanie und Fabian
geraten des Öfteren mächtig aneinander. Zwischen den beiden scheint sich eine
Mauer des Unglücks aufgerichtet zu haben.
Wie schon im ersten Roman hat sich die englische Schriftstellerin auf einen
kleinen Trick zurückgezogen, um die Geschichte mit einem zusätzlichen
zwinkernden Auge erzählen zu können: Der Geist von Jacques, dem verstorbenen
Inhaber des Tante-Emma-Ladens, lebt noch in diesem Dorfladen. Meist sitzt er auf
dem Kaminsims. Doch manchmal starrt er auch aus dem Fenster. Jacques ist
eigentlich für alle Dorfbewohner unsichtbar außer für zwei von ihnen. Seine
Witwe Josette kann ihn sehen und mit ihm sprechen genauso wie die kleine Chloé,
Stephanies Tochter. Dieser Geist gibt oft Anlass zu amüsanten Szenen, wenn sich
Fabian beispielsweise wundert, dass seine Tante ständig irgendwelche
Selbstgespräche führt. Oder wenn Jacques Stephanie warnen möchte. Dazu
schreibt er etwas in den Staub. Aber als Geist kann er nicht mit seinen Fingern
im Staub schreiben, sondern er muss pusten. Und das bringt den Geist im wahrsten
Sinne des Wortes außer Atem. Aber nicht nur dieser Trick ist es, der das Buch
besonders reizvoll macht, sondern auch die stets wechselnde Perspektive, aus der
die einzelnen Szenen geschildert werden, ist wunderbar gelungen. Nahezu alle
wichtigen Dorfbewohner in dieser Geschichte kommen einmal zu Wort, um aus ihrer
Sicht die Dinge zu erzählen. Damit der Leser damit nicht zu sehr überfordert
wird, ist in jeder neuen Szene im ersten Absatz jeweils der Name der
erzählenden Figur aufgeschrieben. Eine schöne Vorgehensweise, die ich so in
anderen Romanen noch nicht entdeckt habe.
Fazit
Volle Punktzahl für einen wunderschönen Roman, der in Frankreich spielt. Wer
den Spielfilm um die "Schtis" kennt er, kann sich etwa eine
Vorstellung von diesem Roman machen, wer den Film der "Schtis" liebt,
der wird auch dieser Roman lieben.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 28. Oktober 2013 2013-10-28 21:44:15