Nachdem in einem der letzten Bücherbriefe das Sachbuch von Josef H. Reichholf
hingewiesen habe, mit dem Titel Einhorn Phönix Drache, vorgestellt wurde, wird
mit dem vorliegenden Taschenbuch ebenfalls auf das Fabeltier Einhorn
zurückgegangen. Es zählt zu den Fabelwesen, mit denen der Mensch von klein auf
bekannt gemacht wird. Vor allem junge Mädchen lassen sich von dem reinen,
weissen Pferd mit dem einen zauberhaften Horn immer wieder faszinieren. So gibt
es ganze Buchreihen mit fabelhaften Einhörnern und dem fliegenden Gegenstück,
dem Pegasus. Das gleiche Thema greift auch das Zunftblatt auf, siehe weiter
hinten.
In insgesamt siebzehn Geschichten wird das Einhorn thematisiert. Bekannte und
unbekannte Autoren schreiben die Abenteuer mit und um Einhörner neu, werfen
einen Blick nach Phantasien um ein paar Begebenheiten festzuhalten und dem Leser
vorzustellen. Bedingt durch die Darstellung der Einhörner wird das Fabeltier in
glanzvollem Licht dargestellt. Hier hätten etwas dunklere Geschichten wie etwa
Tanith Lees Das schwarze Einhorn, auch die andere Seite vorgestellt. Diese
dunkle Seite des Einhorns bietet lediglich die Erzählung König der Edelsteine.
So bleibt dem Leser eine Sammlung von Einhorngeschichten, die fernab von Kitsch
und Glamour, sehr schön zu lesen sind. Allerdings hätte es nicht der
Geschichte von Ralf Isau bedurft. Denn diese ist nur ein Auszug aus seinem Roman
Der Zirkel der Phantanauten und der einzige Beitrag, der bereits eine
Veröffentlichung erfuhr.
Christiane Lind: Das letzte Licorne
Das letzte Licorne spielt im Jahr 1939 und endet mit dem Beginn des zweiten
Weltkrieges und den berühmten Worten, dass ab jetzt zurückgeschossen wird. Der
Hintergrund ist ein Junge, der sich mit einem Zirkusmädchen befreundete. Das
fahrende Volk besaß ein Einhorn für dessen Tod er Schuld trägt.
Magdalena Berger: Moonlit
Jiras Aussehen mit den violetten Augen sorgt dafür, dass sie immer etwas
besonderes darstellt. Dies erkennt sie aber erst, als sich Claudius und ihre
wege trennen.
Ralf Isau: Das Einhorn
Leider ist dieser Text aus dem Zusammenhang gerissen und so eigentlich unlesbar.
Man sollte das Buch lesen.
Nathalie Gnann: Alisons Tränen
Alisons Tränen sind das, was ihr vom Vater bleibt, denn das Mädchen wird von
ihm misshandelt. In ihrem Schmerz flüchtet sie sich in den Garten. Hier steht
eine Einhornstatue und bietet ihr Zuflucht und Trost.
Alina Fels: König der Edelsteine
Morduc ist ein Jäger und Mörder. Um sein Ziel zu erreichen ist ihm alles
recht. Er tötet jedes Einhorn, dass er fangen kann. Er will nur eins, einen
Edelstein, der sich im Horn eines bestimmten Einhorns befinden soll.
Barbara Hagen: Fräulein Ludmillas Einhorn
Fräulein Ludmilla, inzwischen 60 und pensionierte Lehrerin hat es nicht
einfach. Sie wird als sonderbar bezeichnet, da sie einmal erzählte, ein Einhorn
gesehen zu haben. Natürlich kann man diese Aussage nur anzweifeln.
Susanne Wolf: Die Jäger des Kagan
Da erscheinen die Reiter des Kagan und holen Aniko. Sie soll dem Kagan das
Einhorn zeigen. Für mich persönlich die beste Geschichte.
Kerstin Behrendt: Mut in tiefer Nacht
Elias findet den Tod und seine Schwester ein unruhiges Leben. Die Hoffnung
jedoch findet sich in einem Einhorn wieder.
Christoph Marzi: Sand und Stille
Wohl die kürzeste Geschichte in diesem Band, das nur wenig von einer magischen
Geschichte hat. Zerbombte Keller sind nicht gerade zum Träumen geeignet.
Linda Budinger: Seelenjäger
Ein Leprechaun als Schuputzer und ein Einhorn in London, der Stadt mit den
meisten phantastischen Geschichten.
Hendrik Lambertus: Wie der erste Kaiser der Unicornus-Dynastie geboren wurde
Eine märchenhafte Erzählung, die in dieser Sammlung das Prädikat Märchen
wirklich verdient.
Melanie Vogltanz: Geliebte des Waldes
Da ist der Mann, der für seine Geliebte Helena die an Bauchspeichelkrebs
erkrankte im Wald nach Heilmitteln sucht und sich selbst findet.
Nicole Gift: Die weiße Nacht
Man könnte ihn fast einen Stalker nennen, weil er die ganze Zeit hinter einem
Mädchen her geht. Einem in seinen Augen besonderen Mädchen. Und doch ist er
nichts anderes als ein Penner, der sich für ein Einhorn hält.
Tina Somogyi: Ein dummer Mensch
Das Leben von Lou ist schnell, doch manchmal sind Gerüchte schneller. Manchmal
sind die Menschen bereit eigene Meinungen zu bilden, manchesmal sind dumme
Menschen aber durchaus intelligenter als kluge Menschen.
Diana Kinne: Das ewige Band
Dies ist die Geschichte von Joris, der seinen neugeborenen Sohn im Wald
aussetzt. Diese Tat wird vom Wald bitter gerecht.
Peter S. Beagle : Im Tiefen Wald
Ein stimmungsvolles Gedicht, in englisch und deutsch, das ein Höhepunkt der
Sammlung dem Band eine ganz besondere Gewichtung erteilt. Das letzte Einhorn von
ihm ist bereits ein Klassiker, so setzt man bestimmte Erwartungen in das Gedicht
und wird nicht enttäuscht. Vor allem muss man dem Übersetzer für seine Arbeit
ein Lob aussprechen, da Übersetzungen schon schwer sind, bei Gedichten aber
noch zusätzlich auf Reim und Versmass geachtet werden muss.
Fabienne Siegmund: Das Taubenmädchen
Dies ist die Geschichte um Michael Faithen und dem Einhorn Felicity, dem
Taubenmädchen. Und es ist eine Geschichte um Träume.
Die Zeichnungen, die von Elke Brandt den Geschichten zugewiesen wurden, wirken
alle sehr gut. Zwar hätte ich als Nicht-Zeichner in verschiedenen Bereichen
einen anderen Zeichenstil benutzt, aber in der Gesamtheit wirken sie als
wunderbare Ergänzung. Mit den Zeichnungen wirkt die Magie der Zauberwesen so,
als sei sie Anwesend.
Fazit
Alles in allem ist es eine interessante Kurzgeschichtensammlung geworden, mit
dem gleichen Problem, das fast jeder deutsche Autor hat. die Geschichten spielen
selten in Deutschland. Das ist für mich ein dickes Manko. Warum
Grossbritannien, Amerika oder sonstwo? Gut manchmal benötigt man einen Krieg,
der gerade nicht in Deutschland stattfindet. Dann ist ein anderes Land
angebracht. Oder die eigene Vergangenheit, wie die erste Erzählung zeigt.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 18. Juni 2013 2013-06-18 13:57:43