Die Zukunft des Andy Marino zeigt uns eine Welt, wie wir sie kennen sollten im
Zeitalter von Facebook, Twitter, Google+, Wer-kennt-wen und anderen Sozialen
Netzwerken. Das, was Facebook beginnt, alle Daten ihrer Mitglieder zu sammeln,
wird hier bis ins Extrem beschrieben und als Anfang der Erzählung als bekannt
vorausgesetzt. Gleichzeitig mit der Macht des Netzwerkes klafft die Schere
zwischen arm und reich noch weiter auseinander. Die Menschheit lebt in
Hochhäusern. Die Hochhäuser, die bis zu 300 Stockwerke hoch sind gelten fast
als Statussymbol. Je weiter oben man lebt, desto besser ist man angesehen und um
so reicher ist man. Alles, was unter der dreissigsten Etage lebt, ist arm.
Dieser Unterstadt genannte Bereich ist denen vorbehalten, die es nicht geschafft
haben nach oben zu kommen, oder die von oben kommend, tief gefallen sind.
Im Mittelpunkt der Erzählung findet sich Anna, die bei ihrem Vormund Jiri in
Little Saigon wohnt. In der Unterstadt. Unter dem Namen Mistletoe lebt der
rebellische Teenager bei Jiri und seiner Schwester Dita. Als Jiri eines Tages
einen Anruf erhält, um einen Auftrag zu erfüllen, folgt sie ihm und muss mit
ansehen, wie er versucht, einem Jungen in ihrem Alter das Leben zu retten und
dabei stirbt. Denn mit einer Waffe einen Polizisten zu bedrohen endet meist
tödlich. Entweder für den vor der Waffe oder den mit der Waffe. Dieser Junge
ist Ambrose Truax, der Sohn des Netzwerk Unison-Gründer Martin Truax. Ihm und
seinem Bruder Len wird das Netzwerk einmal gehören, wenn sein Vater von der
Bühne des täglichen Lebens abtritt. Trotz seiner Jugend ist er bereits
gemeinsam mit seinem Vater und Bruder ein führendes Mitglied der Firma. Ambrose
wird durch Unbekannte, die er als Terroristen bezeichnet gewarnt. Eine Nachricht
schickt ihn nach Little Saigon, doch die Warnung allein hat nicht ausgereicht.
Ein Anschlag wird auf ihn verübt, wobei ihn ein Mann rettet, der dabei selbst
ums Leben kommt. Dieser Mann ist Jiri, dem Mistletoe folgte und die dadurch
Ambrose kennenlernt. Die beiden verbindet sofort eine überwältigende
Sympathie.
In doppelter Bedeutung ist der Tag etwas Besonderes für Ambrose, ist es doch
der Tag, auf den er sich sein ganzes Leben lang vorbereitete. An diesem Tag soll
ein Gehirneingriff vorgenommen werden. Der Eingriff versetzt ihn in die Lage,
nie wieder schlafen zu müssen. Auf diese Weise könnte er sich fast den ganzen
Tag in das Netzwerk Unison einloggen. Gleichzeitig will sein Vater das Programm
in der Version 3.0 neu auf den Markt bringen. Doch da stehen andere Interessen
dahinter, als man zunächst annimmt. Ausserdem ist das geheime Projekt, schon
bekannt geworden, so dass sich andere Interessengruppen sich dagegen auflehnen.
Fazit
Andy Marinos Welt ist die düstere Zukunft einer Zweiklassengesellschaft. Die
"Oberen", reich an Geld und Freizeit, hängen ständig im ausgereiften
und übermächtigen Netzwerk von Unison, weil sie die virtuelle Welt für
weitaus interessanter halten, als die tatsächliche Wirklichkeit. Die virtuelle
Vernetzung ist so weit fortgeschritten, dass die Technik nicht mehr als tragbare
Hardware gebraucht wird, sondern sie ist zum Teil im Körper eingepflanzt. So
kann man immer und überall mit dem Netzwerk in Verbindung treten. Die
"Unteren", die nicht einmal Tageslicht sehen, sonder deren Welt von
Lampen erhellt werden, habe nicht einmal das Geld für Unison, geschweige denn,
manchmal Geld zum Leben.
Eine interessante Dystopie entstand, der aber ein wenig die Spannung fehlte. Im
Reigen der Untergangs-Welle der Jugendbücher zählt sein Buch jedoch zu den
Besseren, weil sein gleichbleibender Schreibstil und die dazu gehörige
Übersetzung, sich sehr gut zum Lesen eignen. Der Autor vermittelt dem Leser den
Eindruck, die nahe Zukunft mit eigenen Augen zu sehen, die aber nicht unbedingt
nur Gutes bringt. Das Buch ist leicht und zu lesen, die Handlungsträger werden
im Verlauf der Erzählung immer anschaulicher und glaubwürdiger, was man von
Nebenfiguren nicht immer sagen kann.
Vorgeschlagen von erik schreiber
[Profil]
veröffentlicht am 12. Juni 2013 2013-06-12 14:12:42