Seit 1994 sind 21 Bücher der 1953 geborenen, promovierten Historikerin,
einstigen Museumspädagogin und ehemaligen Verlagslektorin veröffentlicht
worden. Allesamt historisch wenden sie sich teils an ein jugendliches Publikum,
größtenteils jedoch an erwachsene Leser. Als freie Autorin begann Riebe
allerdings bereits vier Jahre vorher. Und im Grunde sind die eben erwähnten
Romane, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, auch nur ein Teil ihrer
Arbeit. Denn unter den Pseudonymen Lara Stern und Felicitas Gruber (hier in
Zusammenarbeit mit Gesine Hirsch) verfasste sie zudem bislang mindestens 9
veröffentlichte Krimis.
Gerade liegt der aktuelle Roman der Autorin vor mir. Bei dem ist mir etwas
passiert, was äußerst selten vorkommt. Das in Pink gehaltene Hintergrundmotiv
des Covers löste seltsamerweise mehrmals den Reflex aus, das Buch auf meinem
SuB nach unten zu packen, kaum dass es oben lag. Wie auch immer, es dauerte
etwas, bis ich mich an die Lektüre machte. Und obwohl ich mit der Farbe
besagten Covers noch immer meine Probleme habe, hat mir der Inhalt wie gewohnt
(ent-)spannend-unterhaltsame Lesestunden beschert. Schön fand ich übrigens die
Gestaltung der Kapitelanfänge, die verschiedene Kräuter zeigen und
beschreiben. Dies geschieht nicht willkürlich. Jede der so vorgestellten
Pflanzen spielt im anschließenden Kapitel eine Rolle und stellt somit einen
Bezug zur Geschichte her.
In der geht es um eine ertrotzte Liebe mit einem Habsburger. Falsch liegt
allerdings, wer dabei sofort an Elisabeth Amalie Eugenie, auch Sisi, Sissi oder
Lisi genannt, denkt. Die mag zwar auch nicht für Franz Josef vorgesehen gewesen
sein, lebte aber erstens wesentlich später und zweitens verrät ja schon der
Titel, dass es um jemand anderen geht.
Der Roman beschreibt vielmehr das Leben der Patriziertochter Philippine (kurz
Pippa) Welser, die von der Öffentlichkeit nur als Geliebte eines kaiserlichen
Thronfolgers betrachtet wurde, obwohl sie tatsächlich, wenn auch heimlich, mit
ihm verheiratet war und mehrere gemeinsame Kinder zur Welt brachte. Der sich aus
dieser Ehe ergebende Status rief neben Bewunderern etliche Neider und
Widersacher auf den Plan. Das Leben Philippines war geprägt von dieser
unerlaubten Liebe, Glück und Trauer (nicht alle ihre Kinder erreichten das
Erwachsenenalter) und beständiger Angst. Sie wusste nicht, wem sie trauen
konnte, fürchtete sich vor Giftanschlägen. Herauszufinden, wer Freund oder
Feind war, beeinflusste ihren Alltag. Bevor man allerdings etwas darüber
erfährt, beginnt der Roman zunächst mit Philippines Ende, im Zuge dessen sie
sich an ihr Leben erinnert.
Das Buch wird im Genre historischer Kriminalroman angeboten. Obwohl tatsächlich
mehrere Personen sterben und Giftanschläge eine Rolle spielen, würde ich es
dennoch persönlich eher von einer historischen Liebes- bzw. Lebensgeschichte
sprechen, deren dominierendes Kernstück Philippine ist. Tatsächliche
Aufklärung, wie ich sie in einem Krimi erwarte, findet nicht statt. Es bleibt
offen, ob die Anschläge auf Pippa und ihre Kinder politisch motiviert oder eher
durch Eifersucht begründet waren. Nebenbei erwähnt, Philippine Welserin ist
nicht frei erfunden. Das Covermotiv zeigt ein Gemälde der echten Philippine
Welserin. Auch die übrigen Charaktere sind nicht rein fiktiv. Vielleicht wirken
sie deshalb alle so echt und facettiert? Obwohl das Buch keine Biografie der
historischen Persönlichkeit ist, hat die Autorin zahlreiche Rechercheergebnisse
in die Geschichte eingeflochten. Sie fügt in einem Nachwort ergänzende Daten
und Tatsachen an und lässt sich darin auch über Fiktion und Wirklichkeit
aus.
Die reale Philippine fiel bereits früh durch ihre Schönheit ebenso auf, wie
durch ihr Interesse an naturwissenschaftlichen Dingen und kaufmännischen
Angelegenheiten. Und auch Riebe stellt Pippa klug und gebildet, und das nicht
nur auf die Pflanzenheilkunde bezogen, dar. Als eine Frau, die angesichts der
heimlich gehaltenen Beziehung und dem Wunsch eine gute Frau und Mutter zu sein,
zu zerbrechen drohte. Die, wie bereits erwähnt und durchaus berechtigt, Angst
hatte, beiseitegeschafft zu werden und dennoch die glücklichen Momente im
Kreise ihrer Familie genießen konnte. Die mit Intrigen und Schicksalschlägen
kämpfen musste, ohne sich wirklich unterkriegen zu lassen. Angesichts aller
Erlebnisse wirkt der Roman in weiten Teilen recht schwermütig.
Riebes Erzählstil lässt einen leicht in die Geschichte eintauchen. Einerseits
hat sie Dialoge der damaligen Zeit (16. Jahrhundert) angepasst, andererseits
eine einfache Sprache gewählt. Dass sich auch mit einer solchen eine dichte,
aber nicht zu üppige, und authentische Hintergrundatmosphäre weben lässt,
beweist die Autorin nicht zum ersten Mal. Andererseits nehmen LeserInnen aus
verschiedenen Perspektiven am Geschehen teil. Es gibt Tagebuchpassagen, in denen
Pippa direkt zu Wort kommt, und Kapitel, in denen alles von einem Erzähler aus
Pippas Sicht vermittelt wird. Das sorgt dafür, dass der Roman lebendig wirkt.
Man kann mitfiebern und -fühlen.
Bei vielen historischen Romanen, die sich über mehrere Jahrzehnte ziehen und
dabei auf eine Person fokussiert sind, habe ich für gewöhnlich das Gefühl,
dass etwas fehlt bzw. einfach übersprungen wird, während andere Dinge zu
ausführlich dargestellt werden. Nicht so in Riebes Roman Die schöne Philippine
Welserin. Ausgewogen rollte sich das Leben Pippas vor meinem Augen auf und ließ
nicht zu, dass ich das Buch aus der Hand legte.
Fazit
Eine geschickte Auswahl an fiktiven und historischen Begebenheiten, die
harmonisch und schlüssig, auf unterhaltsame und spannende Art miteinander
verknüpft wurden. Das Porträt einer klugen Frau, die allen Intrigen und
Widrigkeiten zum Trotz ihre Liebe zu einem der österreichischen Thronfolger
auslebte.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 24. April 2013 2013-04-24 10:33:50