Was haben Sofie Cramer und Heidi Goch gemeinsam? Sie teilen sich denselben
Körper. Denn Sofie Cramer ist ein Pseudonym, das die 1974 in Niedersachsen
geborene Chick-Lit-Autorin Heidi Goch verwendet. Unter anderem mit Herz an Herz
wendet sie sich tiefsinnigeren Themen wie Liebe und Tod zu, präsentiert diese
jedoch auf leichte Weise. In ihren ersten Roman dieser Art flossen eigene
Erlebnisse in das Geschehen ein, denn die Autorin verlor ihren Partner und
konnte durch das Schreiben ihre Trauer leichter verarbeiten. Goch bietet Kurse
im Kreativen Schreiben und Alphabetisierung an. Herz an Herz entstand in
Zusammenarbeit mit dem 1965 in Berlin geborenen Drehbuchautor Sven Ulrich, der
seit 2010 das Schreiben von Romanen für sich entdeckt hat.
Die Idee eine mehr oder weniger intime Korrespondenz mit einem Wildfremden zu
führen, ist nicht ganz neu. Doch ist Herz an Herz wieder einmal eins der
Bücher, das deutlich macht, dass es auf die Umsetzung ankommt. Die ist den
beiden Autoren mit kleineren Abzügen gelungen.
Auf einer Hochzeitsfeier soll Sara eine Flaschenpost ins Meer werfen. Doch in
ihrer finden sich keine guten Wünsche für das Brautpaar.
Zitat aus dem Buch
SOS. 26.6.10 (irgendwann nachts mit 2 Promille)
Lieber Flaschenpostfinder,
gratuliere, du bist Opfer eines dämlichen Hochzeitsspielchens geworden! Diese
Post richtet sich an alle angeschlagenen Flaschen, deren Leben genauso lehr ...
äh, leer is, wie dieses kackbraune Altglas. Eigentlich sollen wir hier Wünsche
für das Brautpaar aufschreiben. Aber alle guten Wünsche nur zu mir, dem
einsamsten Menschen im ganzen Universum! Ahoi!
Sara Becker, Lappenbergsallee 185, 20257 Hamburg (Zitatende)
Nicht sehr nett, aber Saras momentaner Laune entsprechend. Überraschenderweise
erhält sie genau darauf etwas später einen humorvollen Brief von einem Mann
namens Berti aus Bayern. Und danach entspinnt sich eine rege Korrespondenz in
Form von Briefen, E-Mail und SMS. Schnell wird klar, wie gut die beiden
zusammenpassen. Allerdings schrecken beide vor einem Treffen zurück, weil sie
nicht ganz offen zueinander waren.
Während Saras Geheimnisse recht offensichtlich sind, entziehen sich den
LeserInnen die von Berti ein wenig mehr. In den Briefen offenbart sich, wie
festgefahren sie sich in ihren jeweiligen Leben fühlen. Obwohl sie in ihren
Nachrichten und Briefen das eine oder andere für sich behalten, gehen sie
trotzdem sehr offen miteinander um, äußern sich ernsthaft oder auf amüsante
Weise. Was auf der einen Seite eine herrliche Unkompliziertheit beinhaltet,
schürt andererseits (unerfüllbare) Vorstellungen im jeweils Anderen, was die
Situation zunehmend erschwert.
Dennoch entwickelt sich sukzessive eine Liebesgeschichte. Bald ahnt man, worauf
das Ganze zusteuert. Doch sympathische Charaktere und der leicht lesbare
Schreibstil sorgen dafür, dass man leicht durch das Buch gleitet, teilweise
mitleidet und -hofft. Die Geschichte an sich wirkt genau wie die Figuren echt.
Herz an Herz erzählt, was unzählige Menschen spätestens seit Erfindung von
Chat-Rooms zumindest in ähnlicher Form erlebt haben dürften. Von Einsamkeit
und Hoffnung und Angst vor der Hoffnung. Aber auch von Schmetterlingen im Bauch.
Fazit
Wie es ausgeht, will ich nicht verraten. Herz an Herz ist jedoch ein leichter
und unkomplizierter Lesegenuss für Zwischendurch. Mit etwas zu schöngefärbten
und zu vorhersehbaren, aber dennoch passenden Ende.
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 24. April 2013 2013-04-24 11:27:35