Nach einem Beinaheunfall landen Jodie und ihre Freundinnen später als erwartet
an ihrem Zielort. Unfrieden und eine miese Stimmung drohen die Wochenendplanung
zu zerstören. Corinne kann kaum laufen, da sie sich in den Knöchel verstaucht.
Hannah nimmt Jodie übel, dass sie auf paranoide Art versucht, allen das
Wochenende zu verderben. Denn Jodie fühlt sich nahezu von der ersten Minute an
permanent beobachtet. Sie warnt immerzu, wird jedoch nicht ernst genommen.
Letzteres liegt auch daran, dass Louise prompt ausplaudert, was sie ihr
anvertraut. Dabei wollte sie es keinesfalls allen erzählen, was sie vor Jahren
erleben musste. Die seelischen und körperlichen Narben davon zeichnen Jodie bis
in die Gegenwart. Eigentlich glaubte sie Flashbacks und Panikattacken mit
Therapie, Selbstverteidigungskursen und einer gesunden Portion Misstrauen im
Griff zu haben. Doch so, wie ihre Freundinnen nach Louises Indiskretion an ihren
momentanen Wahrnehmungen zweifeln, muss sich auch Jodie selbst fragen, ob sie
nicht einfach hysterisch überreagiert.
Parallel dazu lernt man gleich eingangs den Expolizisten Matt kennen, der den
Wagen der Frauen abschleppt und schnell Interesse an Jodie bekundet. Auch seine
Vergangenheit ist nicht perfekt und er leckt in seinem Heimatort seine
psychischen Wunden, die auch durch die Erinnerung an einen ungelösten Fall
wieder aufgerissen werden.
Der Thriller wäre natürlich keiner, wenn da nicht mehr hinter den
Vorkommnissen stecken würde. Jodie, Louise, Corine und Hannah geraten in
Lebensgefahr, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Die Inhaltsangabe
verrät ja schon die beiden Fremden, die ihre eigenen Ziele verfolgen und vor
Mord nicht zurückschrecken.
Bereits auf Seite zwei geschieht der Beinaheunfall und danach geht alles Schlag
auf Schlag, sodass die Charaktere nahezu nebenbei vorgestellt werden. Nachdem
sowohl Jodie als auch Matt von Erinnerungen an ihre Vergangenheit eingeholt bzw.
zusammen mit den anderen von den aktuellen Ereignissen überrollt werden,
erfährt man in kleinen Atempausen auch Näheres über Jodies Freundinnen, über
verlorene Träume, ihre Launen und Schwächen, aber auch über Stärken und
Wünsche. Auch Matts Angehörige oder die beiden Fremden werden kurzzeitig
beleuchtet. Wobei Atempausen etwas andeutet, was so nicht gegeben ist. Die
Geschichte ist nicht wirklich atemberaubend. Sanft, aber konsequent gestrafft
würde ich den Spannungsbogen eher bezeichnen. Dadurch wirkt auch die sich
nebenbei allen anfänglich negativen Tendenzen zum Trotz zwischen Jodie und Matt
überaus dezent anbahnende Romanze nicht unpassend.
Die Planung des Wochenendes, die dramatischen Erinnerungen und die Verbreche -
diese Handlungsstränge sind gut proportioniert. Überhaupt setzt Ford nicht auf
blutige Gewaltexzesse, wie man sie häufig in Romanen oder Filmen findet.
Dennoch wirkt gerade dadurch bedrohlich, was bedrohlich wirken soll, und man
fragt sich unwillkürlich, wie die Sache ausgehen wird.
Die Charaktere handeln größtenteils nachvollziehbar und wirken echt. Sie sind
keine Übermenschen, sondern kämpfen skrupellos oder verzweifelt ums Überleben
oder sind dem Geschehen hilfslos ausgeliefert.
Es gibt gewisse Vorhersehbarkeiten, die das Lesevergnügen aber nicht sonderlich
schmälern. Das Ende ist allerdings etwas zu weich gezeichnet, was vermutlich
eingefleischte Hardcore-Thriller-Fans wirklich stört. Ford bewahrt ihren
handelnden Opfern Menschlichkeit und lässt sie Schuldgefühle angesichts der
Auswirkungen ihres Tuns empfinden. Aber auch Verständnis und bereitwilliges
Verzeihen für offenkundiges Versagen.
Fazit
Eher ein Roman für Frauen. Und auch nur für solche, die nicht ständig von
einem neuen Verbrechen lesen wollen, das den Atem raubt und ängstlich die
Fenster überprüfen lässt. Wer das aber nicht braucht, wird mit Die Beute
kurzweilig und durchaus spannend unterhalten. Ein gelungenes Debüt, das Lust
darauf macht, mehr von Jaye Ford zu lesen.
2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
[Profil]
veröffentlicht am 07. April 2013 2013-04-07 14:05:15