Leon Nader wurde in seiner Jugend wegen massiver Schlafstörungen psychiatrisch
behandelt. Lange Zeit glaubte er sich geheilt. Doch dann verschwindet seine Frau
Natalie spurlos und in Leon keimen Zweifel auf. Haben seine nächtlichen
Aktivitäten wieder angefangen? Leon will der Sache auf den Grund gehen. Mit
Hilfe einer Kamera, die seine nächtlichen Unternehmungen aufzeichnet, will er
die Ursachen erforschen. Doch was er am nächsten Morgen sieht, kann er nicht
wirklich glauben.
Der Knaur Taschenbuchverlag feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag und
veröffentlicht Neuerscheinungen verschiedener Bestsellerautoren. Dazu gehört
auch der neue Roman des Berliner Psychothriller-Kings Sebastian Fitzek. In
seinem neunten Roman nimmt er den Leser mit in die unheimliche Welt des
Schlafwandlers Leon Nader. Auch wenn der Roman alle typischen Trademarks eines
Fitzek-Thrillers besitzt, konnte mich der Roman nur bedingt fesseln. Sicher,
Sebastian Fitzek hat ein ausgezeichnetes Gespür für packende Romanideen und
weiß auch, wie man mit Cliffhangern die Spannung weiter schüren kann.
Allerdings ist er bei diesem Werk ein wenig über das Ziel hinausgeschossen.
Leon Naders Wandlungen zwischen Traum und Realität sind auch für den
aufmerksamen Leser stellenweise nicht mehr ganz nachzuvollziehen. Immer wieder
setzt er der Handlung eine weitere Spitze auf. Was ist Schein, was ist Sein? Mit
diesen Fragen spielt Sebastian Fitzek sehr gerne in seinen Werken. Und was bei
Romanen wie "Die Therapie" oder "Der Seelenbrecher" auch
hervorragend funktioniert hat, konnte mich beim Nachtwandler nicht ganz
überzeugen. Mit zunehmender Dauer fällt es dem Leser schwerer, dem jeweiligen
Handlungspunkt zu folgen, zumal einige Szenen absurd, beinahe grotesk anmuten.
Dieser Kritikpunkt wird durch das Ende ein wenig relativiert. Sebastian Fitzek
stellt seine Handlungen gerne komplett auf den Kopf. So auch in diesem Roman.
Doch auch hier gilt: hat das Rezept bei anderen Werken hervorragend
funktioniert, gelingt dies beim "Nachtwandler" nur bedingt.
Vielleicht liegt dies auch in der Tatsache begründet, das man als fleißiger
Leser des Berliners die Denk- und die Herangehensweise an seine Romane erkennt
und durchschaut. Konnte mich Sebastian Fitzek mit seinen ersten Werken noch
schwer beeindrucken, ahnte ich beim Nachtwandler schon sehr schnell, in welche
Richtung die Geschichte wirklich gehen soll.
Auch stilistisch ist "Der Nachtwandler" ein typischer Fitzek. Über
die Tatsache, das er einige Shades-Of-Grey-Elemente in diesem Roman verwendet,
kann man streiten. Ansonsten ist sein Erzählstil gradlinig und überzeugend,
ohne wirklich große Literatur zu sein. Aber diesen Anspruch hat der
sympathische Berliner auch nie für sich erhoben.
Fazit
Auch in seinem neunten Roman bleibt Sebastian Fitzek seiner Linie treu und legt
einen Psychothriller vor, der mit dem Leser spielt und ihn immer wieder in eine
andere Richtung schubst. Das ist stellenweise verwirrend und etwas
unglaubwürdig, funktioniert aber, wenn man noch nicht so viele Werke des Autors
kennt. Insgesamt ist "Der Nachtwandler" ein durchschnittlicher Roman,
den man lesen kann, von dem man aber nach der Lektüre sagt: Fitzek kann es
besser! Vielleicht sollte er seinen kreativen Output ein wenig drosseln und sich
für das nächste Werk etwas mehr Zeit nehmen.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 03. April 2013 2013-04-03 17:44:02