Es liegt schon Jahrzehnte zurück, doch ich kann mich noch genau an meine
ungläubige Überraschung erinnern, als ich zum ersten Mal bei einer
Schulfreundin übernachten durfte und am nächsten Morgen mit ihr zum
Frühstücken in die Küche ging. Auf einem Regal drängelten sich zahlreiche
Gewürzmischungen aus den Häusern Maggi und Knorr und dazu gesellten sich in
einem Plastikbehälter fast noch mehr Beutel mit Hackbratenfix und Konsorten.
Ich war platt, denn so etwas war ich von daheim nicht gewohnt. Wir würzten
auch, allerdings mit Sologewürzen bzw. selbst zusammengestellten Mischungen und
vor allem mit frischen, getrockneten oder gefrosteten Kräutern - je nach
Jahreszeit. Das ist bis heute so geblieben. Doch während vor ein paar Jahren
lediglich der Geschmack besagter Kräuter und Gewürze für mich wichtig war,
hat sich schon seit geraumer Zeit das Interesse entwickelt, zu wissen, welche
Inhaltsstoffe ich damit zu mir nehme, womit ich sie am besten kombinieren kann,
und Ähnliches. Obwohl ich mittlerweile einige Seminare dazu besuchte und auch
einige Bücher über dieses Thema habe, konnte ich nicht widerstehen, als ich
beim Eugen Ulmer Verlag Leben und Genießen mit Kräutern und Gewürzen
entdeckte. Der Titel las sich einfach überaus vielversprechend für mich.
Als ich es kurze Zeit später in Händen hielt, stellte sich sehr schnell
heraus, dass es eins der Bücher ist, die mich zwiespältig zurücklassen. Die
222 Seiten enthalten Rezepte, die zum Nachmachen anregen, warten mit Kräuter-,
Gewürz- und Teekunde auf und enthalten nebenbei noch Erzählungen. Zahlreiche
Fotos runden das Ganze ab. Eigentlich etwas, das mir grundsätzlich zusagt.
Johannes Gutmann ist der Gründer und Betreiber der österreichischen Sonnentor
GmbH. Die Firma ist mir nicht ganz unbekannt, da eine Bekannte regelmäßig dort
bestellt und von der Qualität der Produkte begeistert ist und ich selbst auch
schon in Naturkostläden darauf gestoßen bin. Sonnentor hat sich auf
Bio-Kräuter- und Gewürzhandel spezialisiert. Damit weiß Gutmann natürlich
rein thematisch betrachtet, wovon er erzählt (geschrieben wurde das Buch von
Christine Haiden und Nina Roth).
Doch beim ersten Durchblättern fiel mir bereits die in meinen Augen
unvorteilhafte Gewichtung der einzelnen Inhalte auf. So lässt sich Gutmann
allein schon bis Seite 65 über seine eigene Vergangenheit und seinen
beruflichen Werdegang einschließlich der Sonnentor-Geschichte aus. Das ist gar
nicht mal langweilig, sondern liest sich sehr flüssig und dank der gewählten
Schriftgröße auch recht schnell.
Dennoch war ich froh, als ich den Buchbereich erreichte, der sich zunächst kurz
der Kräuter- und Gewürzkunde widmet - hier ist die Schriftgröße schon
deutlich kleiner, bleibt aber gut lesbar. Neben allgemeinen Informationen werden
Teekräuter, Würzkräuter und Gewürze einzeln vorgestellt. Dieser Teil gefiel
mir am besten. Die Vorstellungen enthalten etwas über Herkunft, Geschmack und
Geruch, womit das Kraut oder Gewürz harmoniert und wie es wirkt. Im Aufbau
ähnelt diese Vorstellung dann durchaus anderen Kräuter- und Gewürzbüchern.
Doch wer sich als Neuling an die Thematik herantasten oder Nachschlagen möchte,
ist damit gut bedient, obwohl das an sich fundierte Basiswissen durchaus
Ausbaupotenzial besitzt.
Die Vorstellungen von Teemischungen, Gewürz- und Gewürzblütenmischungen
mindern den gerade erworbenen Pluspunkt jedoch schon wieder etwas. Das die Firma
hier keine Betriebsinterna preisgibt ist verständlich. Allerdings bringt es mir
als Leser wenig, nur zu lesen, was im Groben in den Mischungen enthalten ist. So
etwas könnte ich grundsätzlich für weniger Geld im Internet oder einem
Produktkatalog erfahren.
Zwei Seiten mit Volksmundtipps zu Kräutern findet man auch. In der werden
verschiedene Kräuter von Apfelminze bis Zitronenverbene angesprochen. Gleich
eingangs fiel mir hier etwas auf, das ich nicht unerwähnt lassen möchte. Bei
Apfelminze etwa findet man explizit den Hinweis, dass man sie während einer
homöopathischen Behandlung einsetzen kann, da sie u. a. kein Menthol enthält.
Doch Menthol ist sehr wohl Bestandteil der Apfelminze; nicht so ausgeprägt wie
bei der Pfefferminze, doch eben grundsätzlich vorhanden. Die auf den beiden
Seiten aufgeführten Kräuter wurden darüber hinaus bereits bei den
ausführlicheren Einzelporträts vorgestellt, sodass ich nicht ganz
nachvollziehen kann, warum an dieser Stelle nochmals darauf eingegangen wird.
Auch die ab Seite 190 folgenden Rezepte sind grundsätzlich interessant. Doch:
Man benötigt dafür Produkte der Firma Sonnentor. Und das nicht nur zum
Würzen, wenn ich mir das Rezept der Waldviertler Steinpilzsuppe so ansehe. Wenn
ich nach einem Rezept koche, möchte ich nicht eine bereits fertige
Steinpilz-Dinkelcremesuppe verfeinern. Ebenso geht es bei der Schaumsuppe mit
Muskatkürbis. Auch hier ist die Bio-Bengelchen Bunte Dinkelcremesuppe als Zutat
genannt. So ein Rezept mag auf einer Tütensuppe hinten aufgedruckt ganz nett
sein, in einem Rezeptbuch finde ich das weniger ansprechend. Zwar halten sich
solche Rezeptideen in engen Grenzen, doch sind sie grundsätzlich vorhanden.
Alternativen hierzu oder zu den ebenfalls aufgeführten Gewürzmischungen werden
hierbei nicht genannt. Wen das nicht stört, der findet Sonnentorprodukte auch
außerhalb von Österreich (in Schleswig-Holstein bekomme ich sie problemlos)
oder auch via Internet. Und wer nicht so wie ich eine reine Rezeptköchin ist,
kann natürlich grundsätzlich auch mit seinen eigenen Gewürz(mischung)en alles
ausprobieren.
Nach Anregungen für Getränke geht es über Suppen und kleinen Vorspeisen bzw.
Salaten weiter zu den Hauptgerichten bis hin zu süßen Verführungen. Sowohl
Fleisch- und Fischesser als auch Vegetarier finden darin Rezeptideen zum
Nachmachen. Exotisches findet neben bodenständigem Platz. Positiv dabei ist,
dass diese Rezepte sich leicht nachkochen lassen. Auch Anfänger dürften dank
der guten Beschreibung keine Probleme damit haben. Irgendwo habe ich gelesen,
dass Übersetzungen für österreichische Zutaten praktisch wären. Die sind
allerdings tatsächlich teilweise vorhanden und bei den ein, zwei anderen
Gelegenheiten kann man sich gut denken, worum es geht.
Fazit
Insgesamt betrachtet finde ich das Buch nicht schlecht. Allerdings konzentriert
es sich sehr auf die Sonnentorgeschichte und Sonnentorprodukte. Letzteres finde
ich sehr schade, da das Buch so eher als Werbung für Gutmanns Firma zu sehen
und damit preislich eindeutig zu hoch angesetzt ist. Sonnentorprodukte sind gut,
ein bisschen weniger Sonnentor hätte dem Buch jedoch eindeutig gut getan.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 25. März 2013 2013-03-25 09:13:39