Zu meinen bereits vorhandenen Gibson-Büchern gesellte sich unlängst die
neueste Romanübersetzung Wer zuletzt lacht, küsst am besten. Gibson, die für
romantische Komödien bekannt ist, erzählt darin die Geschichte von Mercedes,
die aber von allen nur Sadie genannt wird. Sie kehrt nach Jahren in der fernen
Großstadt in ihr Elternhaus in der texanischen Kleinstadt Lovett zurück.
Eigentlich nur, um an einer Hochzeit teilzunehmen, doch bevor Sadie sich
versieht, wird ein längerer Aufenthalt aus ihrem Kurztrip. Der fällt bereits
im Vorfeld unter die Kategorie lieber-nicht, denn dass eine Frau in ihrem Alter
noch unverheiratet und kinderlos ist, ruft bei manchem in ihrem Heimatort
Mitleid hervor. Anderen wiederum erscheint es eher ein Skandal, weil sie sich
auch nicht so um ihren Vater kümmert, wie diese Leute das gerne hätten. Vor
dieser Hintergrundgeschichte lernt Sadie Vince kennen. Der ist nach einer
posttraumatischen Belastungsstörung gerade an einem Scheideweg. Eigentlich will
er keine Freundin. Und auch Sadie kann ganz gut ohne Mann auskommen. Dennoch
funkt es zwischen den beiden.
Klingt gut. Allerdings: Der flüssige Schreibstil ist zwar irgendwo geblieben,
doch wer auf einen typischen Gibson-Roman hofft, wird eventuell enttäuscht.
Zwar nagt Vince nicht gerade am Hungertuch und sieht natürlich auch gut aus,
während Sadie selbst ebenfalls aus keinem Armenhaus kommt, doch ist das gesamte
Umfeld eher normal. Auch wer Spannung sucht oder unvorhersehbare Wendungen
liebt, sollte die Finger von dem Buch lassen. Vieles zeichnet sich früh ab und
entwickelt sich auf sehr berechenbare Art und Weise. Leider kam mir auch
Romantik oder die erwartete Liebesgeschichte in Gibsons Roman zu kurz.
Sadie und Vince kommen sich zwar schnell (und häufig) näher, doch das beruht
trotz einiger mehr oder weniger auffälliger Gemeinsamkeiten dann doch eher auf
körperlicher Anziehungskraft oder (böse gesagt) sexuellem Notstand. Vince, den
eingefleischte Gibson-Fans eventuell bereits aus Küssen hat noch nie geschadet
kennen, trägt gefühlte Tonnen an Kriegsballast mit sich herum. Sadie wiederum
quält sich (und die LeserInnen) mit Minderwertigkeitsgefühlen à la
Ich-bin-nicht-gut-genug-für-meinen-Daddy. Hier kommt es bedauerlicherweise zu
einigen Längen, da bestimmte Dinge wiederholt werden. Die Vergangenheit hat
beide zu den reinsten Beziehungsphobikern gemacht.
Alles durchaus nachvollziehbar und im Grunde stört es mich nicht, wenn in
Liebesromanen jemand Ecken und Kanten hat. Doch die Art und Weise der
Beschreibung sorgte nicht nur zwischen den beiden für emotionale Distanz,
sondern ließ auch mich nicht wirklich in die Geschichte eintauchen. Einfach
weil es zeitgleich den Verdacht aufkommen ließ, dass die Autorin nicht so recht
wusste, ob sie eher eine romantische Liebeskomödie, einen erotischen Roman oder
doch lieber etwas Tiefsinnigeres verfassen wollte. Letztlich kam weder das eine
noch das andere wirklich heraus. Gegen Ende gestehen sich ihre beiden
Hauptcharaktere dann natürlich das, was man eingangs erwartet. Allerdings wirkt
dieses Geständnis zu schnell abgehandelt und einfach dem Genre sowie dem Ende
des Buches geschuldet.
Auch die übrigen Figuren konnten mich nicht wirklich fesseln. Ein paar kannte
ich aus anderen Gibson-Romanen und mit denen hatte ich keine Probleme, obwohl
sie eher schemenhaft erschienen. Die anderen jedoch ... Sollten Texaner wirklich
so sein, wie im Buch beschrieben, bin ich froh, dass ich nicht dort wohne.
Einfach weil viele oberflächlich-ignorant, wenig authentisch und noch weniger
sympathisch auf mich wirkten. Ein Handlungsfaden, der mit Sadie verknüpft ist,
aber doch nicht direkt sie betrifft, bleibt offen. Er scheint anzudeuten, dass
da einfach eine neue Figur für die Romane rund um die Kleinstadt Lovett
geschaffen wurde.
Fazit
Liegt es an der Übersetzung, an Streichungen? Ich weiß es nicht, doch etwas
fehlt. Die Geschichte hat wenig Pfiff und die sonst eher gewohnte Leichtigkeit
scheint zur Seichtheit zu mutieren. Ein Roman, der mich einerseits enttäuscht
hat, weil ich von Gibson dann doch (nicht immer, aber größtenteils) anderes
gewohnt bin. Anderseits war Wer zuletzt lacht, küsst am besten doch in gewisser
Weise unterhaltsam. Der Schreibstil sorgte dafür, dass ich den Roman es in
einem Rutsch durchlesen konnte, auch wenn weder die Charaktere noch der
Handlungsverlauf mich wirklich packen konnten. Tatsächlich fand ich es ganz
angenehm, das Gibson sich auf die vergangenheitsbedingten Probleme für die
Gegenwart beschränkt und nicht noch etwaige ernsthafte Rivalen oder ähnliche
Dinge in ihre Geschichte verwoben hat. Und tatsächlich war es, nachdem ich für
mich einige Dinge einfach nahezu ausblendete, eine entspannende Lektüre. Nicht
wirklich romantisch aber stellenweise durchaus amüsant. Unterhaltsam-seicht -
eben zum Abschalten.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 22. März 2013 2013-03-22 11:01:05