Wer sich ein wenig mit Tarot beschäftigten möchte, stellt schnell fest, dass
es zahlreiche Kartendecks in verschiedener künstlerischer Gestaltung gibt.
Ihnen liegen unterschiedliche esoterische, spirituelle, philosophische und
kulturelle Systeme zugrunde. Nicht alle sprechen einen an. Es gibt traditionelle
Decks (etwa Marseille-, Rider Waite- oder Crowley-Tarot) und freie Decks, die
stark von den gerade genannten abweichen bzw. vollkommen unabhängig davon zu
sehen sind. Mystische Traditionen wie Astrologie, I Ging, Kabbala, Numerologie
oder Runen fließen in viele Decks ein. Am bekanntesten ist das Rider Waite
Tarot, während Pythagorean Tarot, Tarot Pure & Simple, Psycho Tarot,
Predicition Tarot, Native American Tarot und sogar ein National Geographic Tarot
den Meisten wenig bis gar nichts sagt. Und das sind noch lange nicht alle Decks.
Der Markt ist, wie bereits erwähnt, groß. Und während viele Tarot als Humbug
oder Geldschneiderei bezeichnen, sind andere immer wieder verblüfft, wie
passend die sich bei einer Legung offenbarenden Tendenzen sind.
Auch von der Osho-Foundation wurden seit den 1980er-Jahren Kartendecks
herausgegeben. Sowohl das Osho Zen Tarot als auch das erschienene Osho Neo Tarot
(auch Raijneesh Neo-Tarot genannt) gehören zu den freien Kartendecks. Unter dem
Titel Osho Transformationskarten wurde das Osho Neo Tarot von Königsfurt-Urania
neu aufgelegt.
Der Unterschied zu traditionellen Decks zeigt sich bereits in der Anzahl der
Karten. Statt 78 gibt es hier nur 60. Die sind im farbenfrohen Stil naiver
Malerei von Prem Pujan/Deva Padma gestaltetet und stellen allesamt Szenen von
Gleichnissen verschiedener Glaubenskulturen (Buddhismus, Christentum, Sufismus,
Judentum, Tantra, Tao, Zen) dar. Die Karten sind durchnummeriert und mit
Schlüsselbegriffen versehen. Auch diese unterschieden sich von den
herkömmlichen Bezeichnungen. Einige Schlüsselbegriffe und Bilddetails sollen
in den nach 1990 erschienenen Neuauflagen von der ursprünglichen Version
abweichen. Welche das genau sind, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Die
Intention des Kartendecks ist es, die Lehren Oshos mittels Tarot zu
transportieren. Die Karten selbst eignen sich aber auch als reine
Meditationskarten.
Während früher erschienenen Auflagen nur ein Booklet beinhalteten, ist der
2006er Auflage von Königsfurt-Urania ein 288 Seiten starkes Begleitbuch
beigefügt. Darin befinden sich passend zu den Karten Gleichnisse, die sich
über je drei Seiten erstrecken, während eine Seite sich einer Erklärung der
schwarz-weiß abgebildeten Karte widmet. Bevor es mit den Gleichnissen losgeht,
erfährt man noch, wie man Buch und Karten nutzen kann und soll, und bekommt
zwei Legemuster zur Hand. Die Gleichnisse wurden im Laufe von über drei
Jahrzehnten von Osho bei Versammlungen vorgetragen und von seinen Anhängern
festgehalten. Da sie sich auf verschiedene Glaubenskulturen beziehen, ergeben
sich daraus Deutungsmöglichkeiten ganz ohne dogmatische Ansprüche, die dabei
helfen, die Dynamik psychischer Vorgänge und spiritueller Entwicklung
spielerisch zu vermitteln.
Fazit
Anfangs hatte ich Probleme mit diesem Set, das mir geschenkt wurde. Das lag auch
daran, dass in meinem Hinterkopf die Information gespeichert war, dass der 1990
verstorbene Bhagwan Shree Raijneesh (Osho) mit seinem 1974 gegründeten Zentrum
für Meditation und Selbsterfahrung in Poona zu Lebzeiten teilweise sehr
umstritten war. Während ihm zuhauf Anhänger zujubelten, gab es auch
erschreckende Vorwürfe und strafrechtliche Verfolgungen. Doch ich muss
gestehen, dass ich zunehmend Gefallen an dem Set finde, je länger ich mich
damit beschäftige. Die Gleichnisse machen Mut. Und das nicht nur, wenn man
genauer über sie nachdenkt. Das kommt in der heutigen Zeit im Alltag
bedauerlicherweise viel zu kurz. Sie vermitteln Leichtigkeit, was heutzutage
für viele ebenfalls Mangelware ist. Und auch innerer Frieden kommt nicht zu
kurz, den viele heute vergeblich für sich suchen. Obwohl ich mir nicht
vorstellen kann, je eine richtige Osho-Anhängerin zu werden, bin ich froh, dass
ich meiner ersten Überlegung, das Set beiseite zu legen, nicht gefolgt bin.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 10. März 2013 2013-03-10 17:42:05