Die Sachbuch-Trilogie der Scheibenwelt wurde vom Piper Verlag neu
herausgebracht, teilweise mit Neuübersetzungen, anderer Kapitelaufteilung und
Ergänzungen. Sie verbinden die humorvolle Fantasy mit nüchterner Wissenschaft
zu einem liebenswerten Mix, der sehr unterhaltsam ist. Bei den drei Büchern
handelt es sich um DIE GELEHRTEN DER SCHEIBENWELT, DIE PHILOSOPHEN DER RUNDWELT
auch bekannt unter dem Titel des Wilhelm Heyne Verlages RETTET DIE RUNDWELT und
DARWIN UND DIE GÖTTER DER SCHEIBENWELT. Terry Pratchett versicherte sich als
Autor der Scheibenwelt die Hilfe des Mathematikprofessors Ian Steward und die
Hilfe des Genetikers Jack Cohan. Heraus kam eine sehr humorvolle Betrachtung von
Menschen Göttern und Gelehrten. Diese Betrachtungen kann man nun zum Teil zum
dritten Mal lesen. Eine überarbeitete Neuauflage bedeutet, dass neue
wissenschaftliche Erkenntnisse in bestehende Bücher eingearbeitet wurden. So
viel Neues kam dann doch nicht, denn die Erkenntnis, die Welt ist eine Scheibe,
ist schwarz und hat ein Loch in der Mitte stimmt ja immer noch. Die Vertreter
des Klerus der Rundwelt (Erde) sind zumindest dieser Meinung. Sie weigern sich
die Erde allerdings, als LP zu bezeichnen. Damit sind wir aber auch schon wieder
beim Thema. Obgleich auch Theologie an den Universitäten gelehrt wird, sind es
doch gerade die Theologen und Priester, die ein Feind der rationalen
Wissenschaft sind. Die drei Autoren versuchen dem geneigten Leser klar
darzulegen, warum das so ist. Die Theologen wollen sich die Wahrheiten der
Wissenschaftler nicht anhören, leugnen alles, was nicht in ihr begrenztes
Weltbild passt und stellen sich ansonsten quer. Dahingegen sind die
Wissenschaftler durchaus bereit, sich andere Meinungen anzuhören, sie zu
hinterfragen und so neue oder andere Antworten zu finden.
Bei den drei Büchern wurde partiell etwas geändert, denn das Wissen der
Wissenschaftler, das sich allgemein von dem des Normalsterblichen unterscheidet,
unterliegt einem stetigen Wandel. Was gestern noch als unumstössliches Gesetz
galt, kann heute schon Makulatur sein.
Die Scheibenwelt-Sachbücher befassen sich nicht nur mit Terry Pratchetts
Spielwiese, sondern gleichzeitig mit der Rundwelt, jener Spielwiese der
Gelehrten der Scheibenwelt. Ist die Scheibenwelt der satirische Zerrspiegel der
Erde, so ist die Rundwelt der satirische Zerrspiegel der Scheibenwelt, und
gleichfalls die Erde. So bleibt die Überlegung, wer war zuerst da, die
Scheibenwelt oder die Rundwelt? Natürlich die Scheibenwelt, denn die Rundwelt
ist das Ergebnis von Experimenten, durchgeführt von den Zauberern und Gelehrten
der Unsichtbaren Universität in Ankh-Morpok. Die Zauberer der Unsichtbaren
Bibliothek agieren zugleich als Professoren, ohne sich weiter um ihre Studenten
zu kümmern. Stattdessen widmen sie sich der Forschung und noch nicht einmal sie
wissen, was sie erforschen, freuen sich aber immer, wenn ein Versuch
funktioniert und die Unsichtbare Universität unbeschadet bleibt.
Die Gelehrten der Scheibenwelt
Während Douglas Adams die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem ganzen
drumherum mit 42 beantwortete, rückt dieses Buch den wichtigsten Fragen nach
dem Ursprung des Lebens, des Universums und allem anderen auf ganz andere Art
und Weise zu Leibe. Das liegt aber vor allem an den Gelehrten, die sich dieses
Themas annehmen.
Es gilt, in einem Experiment das Element Thaum zu spalten. Die Chance, dass das
Vorhaben danebengeht, liegt bei einem Fünfzigstel und ist somit ein
vernachlässigbarer Faktor. Eigentlich. Das Experiment aka der Zauber gelingt,
doch es bestehen Nebenwirkungen. Aber auch darum machen sich die Herren
Gelehrten keine grossen Sorgen. Nebenwirkungen gilt es zu ignorieren, wenn der
Fortschritt der Wissenschaft nicht aufgehalten werden soll. Und was haben die
Gelehrten nicht tolles gefunden. Eine Kugel, mit nichts unwichtigeren als
Nichts, Feuer und Eis und vielen weiteren kleinen Kugeln. Ein würdiges Ergebnis
für die Wissenschaftler der Unsichtbaren Universität. Da die Herren Gelehrten
dieses Ergebnis unberücksichtigt lassen, beginnen die Studenten damit zu
spielen. Die Kreativität von Studenten nimmt in dem Mass exorbitant zu, wie die
Lust zu lernen abnimmt. Diese Kreativität aufnehmend, schickt man Rincewind mit
einem magischen Anzug in diese Welt, Rundwelt genannt. Die Rundwelt misst von
aussen etwa 30 Zentimeter im Durchmesser, erscheint aber von innen unendlich
gross zu sein. Der arme Kerl des Mini-Expeditions-Corps hat fürchterliche
Probleme, weil ihm ständig Meteoriten auf den Kopf fallen. Einige Fragen
bleiben nach seiner Rückkehr aus der Rundwelt offen. Aber die Wissenschaftler
der Unsichtbaren Universität sind nicht umsonst kluge Köpfe. Sie haben auf
alles eine Antwort (manchmal allerdings keine Fragen dazu). Die Antworten auf
die meisten Fragen sind jedoch nicht immer ganz einfach, einleuchtend oder gar
einprägsam. Aber sie sind durchaus unvollständig nur teilweise wahr oder gar
nicht. Und doch funktionieren sie. Diese Erklärung liefern die drei Autoren
natürlich durch ihre Handlungsträger.
Die Philosophen der Rundwelt
DIE PHILOSOPHEN DER RUNDWELT beschäftigt sich mit den wohl bedeutensten
geisteswissenschaftlichen Fragen, die die Welt kennt und beantwortet haben
möchte. Eine existenzielle Frage ist die Entstehung der Kultur und der
menschlichen Psyche. Da Letztere schon zu Zeiten der gleichnamigen griechischen
Göttin labil war, gilt es diese zu stabilisieren. Allerdings fällt das schwer,
denn in das menschliche Weltbild gehören nun einmal keine Elfen. Eine große
Rolle spielt gerade diese Spezies. Die Elfen sind jedoch nicht allzu freundlich,
denn sie versuchen, Menschen durch Geschichten zu versklaven. Es bleibt den
Zauberern der Scheibenwelt nichts anderes übrig, als in die Geschichte der
Menschen einzugreifen. Sie begeben sich auf die Rundwelt und treffen dort auf
Dee, einen Alchimisten. Es handelt sich bei Dee um eine Figur, der auf der Erde
als John Dee, Hofastrologe lebte. In seinem 81zigjährigen Leben von 1527-1608
war er lange Zeit als Hofastrologe für Mary Tudor tätig. Die Zauberer
versuchen ihn davon zu überzeugen, dass es auf der Rundwelt keine Magie gibt.
Dies fällt umso schwerer, da die Zauber diese selbst anwenden.
Die Bedeutung von Geschichte und Geschichten (Märchen) wird sowohl aus Sicht
von Darwins Evolutionstheorie als auch der Kulturwissenschaft erklärt.
Geschichten und damit Märchen, dienen dazu, das Bild des Menschen von der Welt
anders zu beurteilen und den berühmten "Sense of Wonder", wie er in
den 1950er Jahren der Science Fiction propagiert wurde, für den Menschen offen
zu halten. Daher wird für die Gelehrten der Rundwelt schnell klar, der Mensch
braucht Elfen, sonst funktionieren die Geschichten nicht. Es muss lediglich
dafür gesorgt werden, dass die Elfen und damit wieder die Märchen, unter
Kontrolle gehalten werden. Märchen leben davon, dass sie in den Erzählungen
der Menschen einem Wandel unterliegen. Seit der Niederschrift durch die
Gebrüder Grimm ist dies jedoch nicht mehr der Fall, denn aufgeschrieben werden
sie nur noch abgelesen. Sie sind starr in sich und damit unter Kontrolle. So wie
es die Gelehrten der Unsichtbaren Universität wünschen.
Darwin und die Götter der Scheibenwelt
Die Rundwelt befindet sich innerhalb einer Glaskugel, die sich in der
Unsichtbaren Universität befindet. Die Zauberer oder auch die Gelehrten oder
die Professoren der Unsichtbaren Universität nahmen bereits Eingriffe in die
Geschichte der Rundwelt vor, zuletzt als sie Elfen entfernten und doch wieder
hinzufügten. Ziel war es lediglich, die Menschen mit genügend Phantasie zu
versorgen, so dass sie es schaffen, die Welt vor der nächsten Eiszeit zu
verlassen. Hat nicht ganz geklappt, denn plötzlich ist die Rundwelt ein
riesiger Schneeball. Zweifel sind berechtigt an der Überlebensfähigkeit der
Menschen auf der Kugel aus Feuer, die nur von einer dünnen Schicht
zusammengehalten wird. Rincewind, der Held vieler Abenteuer auf der Scheibenwelt
spricht auf einer Versammlung der Zauberer der Unsichtbaren Universität ein
Problem an. Er ist der Meinung, dass mit dem Rundweltprojekt etwas nicht in
Ordnung ist. Den Menschen gelang es nicht, der nächsten Eiszeit
entgegenzuwirken und sind somit in ihr gefangen. Der Student Ponder Stibbons
findet mit der Hilfe von Hex den Grund heraus. Die Vergangenheit der Rundwelt
wurde geändert, indem Charles Darwin als Übeltäter entlarvt wurde, weil er
das falsche Buch über die Evolution geschrieben hat. Statt dem Buch Die
Entstehung der Arten, schrieb er Die Theologie der Arten. Ergo, so der Wille der
Gelehrten, Darwin muss das richtige Buch schreiben. Durch Darwins Theologie der
Arten werden eine Menge andersdenkender Menschen unterdrückt und so kommt kein
Krieg mehr, sondern ein langer Frieden zustande. Wie üblich wird eine
Diskussionsrunde ins Leben gerufen und ein weiteres Eingreifen in die Rundwelt
ist das Ergebnis der Gelehrten. Allerdings will man sich nicht lange damit
aufhalten. Weitere Berechnungen von Hex zeigen, die Zauberer müssen an zehn
unterschiedlichen Stellen in die Zeitlinie eingreifen, um wieder Ordnung in den
Lauf der Menschheitsgeschichte zu bringen, vor allem aber, um all die Ereignisse
zu verhindern, die Darwin hindern, das richtige Buch zu schreien. Die Zauberer
teilen sich auf, bereisen verschiedene Zeitdimensionen, um dann die Welt im
eigenen Sinn zu beeinflussen. Die Beeinflussung klappt jedoch nicht so, wie man
es sich vorstellt. Sie setzen Darwin höchstpersönlich in Kenntnis, das
richtige Buch zu schreiben. Gerade als es scheint, alles sei in Ordnung, teilt
Hex den versammelten Zauberern mit, dass bereits wieder in der Zeit
herumgepfuscht wurde. Rincewind ist es, der von der Sichtung eines Revisors der
Realität berichtet.
Das Buch geht auf die Evolutionstheorie ein und zeichnet eine gute Biographie
von Charles Darwin. Die drei Autoren haben mit ihren drei Büchern sehr
anspruchsvolle Werke geschaffen.
Fazit
Schlussbemerkung:
Die Autorengemeinschaft ist mit ihren Ideen und ihrer Schreibwut unschlagbar
gut. Vor allem die unterschiedliche Sichtweise des Geisteswissenschaftlers,
Mathematikers und Naturwissenschaftlers in Verbindung mit dem Schriftsteller
eröffnet ein sinnvolles naturalistisches Weltbild. Die in den
Scheibenwelt-Sachbüchern bestens populärwissenschaftlich dargestellt werden
und bieten eine lehrreiche Kombination von Wissenschaft, Philosophie und
humorvoller Literatur.
Die Bücher sind keine leichte Lektüre. Die Aussage vorangestellt ist wichtig
für die zukünftigen Leser. Die meisten Gegebenheiten werden wissenschaftlich
darge-stellt aber immer in Verbindung mit der langen Novelle, die als Buch
bezeichnet wird. Die Novelle ist das Bindeglied, der Kitt, der das Sachbuch auf
unterhaltsame Weise zu einem erzählerischen Werk macht. Leider verliert sich
die Geschichte etwas im theoretischen Fachsimpeln. Wie geschrieben, das Buch ist
nicht leicht zu lesen. Für viele Bereiche ist ein sehr gutes Allgemeinwissen
nötig, bei anderen Bereichen muss schon mehr auf Interesse und Studium gesetzt
werden, um der Theorie Folge zu leisten. Im Zusammenhang gesehen ist die
Trilogie eine Sachbuchtrilogie, weniger ein Unterhaltungswerk. Wer Bücher
erwartet wie DIE FARBEN DER ZEIT oder WACHEN! WACHEN! wird sicherlich
enttäuscht. Was bleibt ist ein Werk voll skuriler Einfälle, die den Horizont
des Lesers erweitern.
Vorgeschlagen von erik schreiber
[Profil]
veröffentlicht am 26. Februar 2013 2013-02-26 10:51:32