Alles quatscht über Berlin, also kommt der Titel "Hier spricht
Berlin!" totrichtig.
Seltsam herbe, etwas spießige Verbitterung (Die Straßenbahn kommt zu spät,
ITler trinken Latte, die Restaurantkost ist nicht perfekt, ein Berliner bekommt
einen Strafzettel verpasst…) neben überhitzt überspitzter Beobachtungsgabe,
ein bißchen annektodistisch da, ein bißchen lieblos dort, ein bißchen
überbissig, überflüssig, übereilt, überspannt. Repräsentativ ist das
Ganze, trotz der Vielzahl von Geschichten und Meinungen (!), nicht; kein
Stadtführer, kein Eindrücke-über-Berlin-Gewinnbringer, kein
Anti-Berlin-Schaumschläger, nein, einfach ein Buch, dessen Autoren vor kurzem
nach Berlin gezogen sind, und nun, zutiefst unzufrieden mit
wer-weiß-was-für-Berliner-Freunden-Berliner-Wohnung-Berliner-Sexaffäre, ihrer
Sehnsucht nach München und Hamburg ein papiernes Horn gebastelt haben, O-Ton:
Jeder Berliner ist unfreundlich + intrigant + gelangweilt + arrogant +
barbarisch; wäre ein Mensch, der alles das in sich vereint, nicht zu bewundern?
Nein, sagen die Autoren, Berlin ist "im Grunde unbewohnbar", eine
fiese Stadt, gepflastert mit Denkzetteln für die zivilisierte Welt, Berlin ist
nie und nimmer Hamburg oder München, Berlin ist was-auf-die-Fresse, Berlin ist
nicht lustig, nicht witzig, nicht ironisch, und allein schon deshalb wie zum
Auslachen erbaut.
Fazit
Was macht Berlin aus?, was war Berlin einmal?, was denkt Berlin sich
eigentlich?, Fragen, die dieses Buch, für Berlin-Gegner von Berliner
Berlin-Skeptikern geschrieben, weder stellt noch beantwortet. "Hier spricht
Berlin!" hört sich anders an als (diese) 220 Seiten dämliche
Konsumkritik.
Vorgeschlagen von Paul Niemeyer
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veröffentlicht am 26. November 2003 2003-11-26 20:58:41