Der menschliche Körper ist - Hand aufs Herz - ein Wunderwerk der Natur. Das
Zusammenspiel aller Komponenten fasziniert genauso wie die Betrachtung einzelner
Organe, etwa des Herzens. Ein Leben ohne Herz ist nicht möglich. Es pumpt
unermüdlich das Blut durch unseren Körper, normalerweise mehr als 8.000 Liter
innerhalb eines einzigen Tages. Wenn wir uns aufregen, verlieben oder
körperlich anstrengen, können es schnell mehr werden. Innerhalb eines Tages
zieht sich das Herz mehr als 100.000 Mal zusammen. In einem Jahr sind das schon
36.500.000 und in, sagen wir mal, 60 Jahren 2.190.000.000 Kontraktionen -
wohlgemerkt in Ruhe.
Doch ein Herz kann im Zuge anderer Erkrankungen, erblicher Vorbelastung oder
einer ungesunden Lebensweise krank werden. Glücklicherweise leben wir in einem
Teil der Welt, in der koronare Erkrankungen behandelt, Herzen operiert (heute
auch schon im Mutterleib), ja sogar in Teilen oder ganz ersetzt werden können.
Dafür müssen wir allerdings zunächst die Warnsignale wahrnehmen, die unser
Herz sendet. Manche bemerken sie frühzeitig und gehen zum Arzt. Andere können
sie nicht wahrnehmen, ignorieren oder interpretieren sie falsch und landen
irgendwann notfallmäßig im Krankenhaus. Vielen kann geholfen werden, doch der
größte Teil der Patienten dürfte (wie bei vielen anderen Krankheiten auch)
gleichermaßen geschockt vor dem Arzt sitzen oder liegen, der die Diagnose und
das Behandlungsvorgehen mitteilt.
Hat der betreffende Patient Glück, wird ihm beides ausführlich und plausibel
erklärt. Doch das ist nicht immer so. Und so sorgt nicht nur die ungewisse
Zukunft eventuell für Schlaflosigkeit. Auch das mangelnde Wissen macht Angst,
dabei ist eine Herzkrankheit an sich für die Betroffenen schon beängstigend
genug.
Gut für das kranke Herz? Eher nicht. Das Gegenmittel: Information. Die kann man
sich im Vorfeld oder im Nachhinein besorgen, auch anderweitig. Es gibt
Selbsthilfegruppen, Literatur in Form von Zeitschriften, Broschüren und
Büchern oder Filmdokumentationen. Praktischerweise gibt es heute das Internet,
sodass die Suche nach geeignetem Informationsmaterial, Adressen und
Ansprechpartnern erleichtert wird.
Bereits 2011 erschien beispielsweise ein Buch mit dem gleichen Haupttitel (Das
Herz-Buch von Dr. Marianne Koch und Jörg Mair). Im Dezember letzten Jahres kam
das gerade vor mir liegende Das Herz-Buch mit dem Untertitel Bypass,
Ballondilatation, Stents im TRIAS-Verlag heraus. Dafür haben sich gleich drei
Ärzte zusammengeschlossen, die sich beruflich mit Herzerkrankungen
beschäftigen: Professor Dr. med. Lapp, Dr. med. Becker und Dr. med. Härtel.
Weitere sechs Ärzte kommen in Gastbeiträgen zu Wort. Auch diverse Patienten
schildern ihre Erfahrungen.
Gleich nach Erhalt im letzten Jahr habe ich mich in das Buch vertieft und war
von der ersten bis zur letzten Seite begeistert (was nicht so häufig vorkommt).
Das lag nicht nur an der anschaulichen Ausführlichkeit. Viele Köche können
einen Brei ja bekanntlich verderben, wenn man einem alten Sprichwort glauben
darf. Und viele Autoren können unter Umständen dafür sorgen, dass sich die
Übergänge ihrer Beiträge zu abrupt gestalten, sodass kein Lesefluss aufkommt.
Außerdem können sich Fachleute bisweilen überaus trocken über ihre
Fachgebiete auslassen. Weder das eine noch das andere ist hier jedoch der Fall.
Fließend gleitet man von einem Kapitel ins andere und trotz der ernsten
Thematik lässt sich das Buch überraschend leicht lesen.
Die Autoren beschreiben darin nicht nur Aufbau und Funktion des Herzens. Sie
gehen auf Warnzeichen ebenso ein wie auf die daraus resultierenden
Untersuchungen bis hin zu Behandlung und/oder Operation. Auch die Nachsorge mit
Gymnastik, Medikation und Reha wird erschöpfend behandelt, bevor die Autoren
sich in einem ausführlichen Selbsthilfeteil der Zeit der Erholung widmen, der
Rückkehr in den Alltag und vor allem den damit verbundenen notwendigen
Veränderungen, die verhindern sollen, dass Betroffene in alte Verhaltensmuster
zurückfallen. Dass man mit einer koronaren Erkrankung nicht alleine dasteht,
erfährt man durch die genannten bundesweiten Adressen, die auf Selbsthilfe-
oder Herzsportgruppen und weitere Informationsstellen verweisen.
In den letzten Tagen habe ich Das Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents
nochmals mit einer Bekannten durchgearbeitet. Diese wurde vor vier Wochen mit
drei Stents versehen aus der Klinik und gerade vor einer Woche aus der Reha
entlassen. Wirklich fit fühlt sie sich noch nicht. Man merkt, dass ihr der
Eingriff noch zu schaffen macht, obwohl die körperlichen Befunde nicht besser
sein könnten. Ihr Resümee: Hätte ich das alles doch nur vorher gewusst. Ich
hätte wesentlich weniger Angst vor den Eingriffen empfunden, wenn ich im
Vorfeld so gut aufgeklärt worden wäre. So habe ich mich nur lange Zeit allein
gelassen, absolut hilflos und nicht ernst genommen gefühlt.
Fazit
Absolut empfehlenswert für Betroffene, Angehörige oder grundsätzlich
interessierte Laien. Das Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents ist ein
umfassend informatives, sehr gut aufgebautes, durch Fotos und zahlreiche Tipps
interessant gestaltetes, verständliches Buch. Viele Fragen angesprochen und
beantwortet, keine bleibt offen. Man kann in vielfältiger Form selbst tätig
werden, um den Heilungsprozess etwa bei einer Herzerkrankung zu unterstützen.
Sich erschöpfend zu informieren ist eine Vorgehensweise, nimmt doch Wissen
vielen zumindest teilweise das Gefühl der Hilflosigkeit und Angst. Das
Herz-Buch - Bypass, Ballondilatation, Stents vermittelt verständlich
notwendiges Wissen. Ich möchte 10 von 10 Punkten dafür vergeben, wobei das
Buch eigentlich mehr verdient hat.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
[Profil]
veröffentlicht am 24. Januar 2013 2013-01-24 18:08:31