Der Prozess gegen den Stararchitekten Julian Götz hält die Berliner
Öffentlichkeit in Atem. Götz soll seine Frau und seine beiden Töchter
erschlagen haben. Der Drehbuchautor Ben Lindenberger beobachtet den Prozess und
beschließt, ein Buch über Julian Götz zu schreiben. Er nimmt Kontakt mit den
in U-Haft sitzenden Architekten auf, der sich, zu Lindenbergers Überraschung,
mit seinem Vorhaben einverstanden erklärt. Stück für Stück erhält Ben
Informationen, muss aber gleichzeitig erkennen, dass er von Julian Götz
manipuliert wird. Und so Gerät er in einen Strudel, dessen Sogwirkung alles um
Ben mitreißt. Er lernt Götz Geliebte kennen, kommt dessen Schwägerin näher
und muss sich immer wieder die Frage stellen, welche Rolle ein Haus spielt, das
Götz entworfen und gebaut hat.
Jonas Winner, der durch seine eBook-Serie "Berlin Gothic" bekannt
geworden ist, legt mit "Der Architekt" sein Romandebüt bei einem
Majorverlag vor. Er erzählt die Geschichte in zwei unterschiedlichen
Handlungssträngen. Einmal den schon erwähnten Part um Ben Lindenberger, zum
anderen den um Mia, einer jungen Frau, die sich in einer obskuren Unterwelt
bewegt, die dem Leser nur schwer deutlich und verständlich wird. Hier speist
der Roman seine Spannung aus der Frage, wie diese beiden Handlungen
zusammengehören. Ein Punkt, den Jonas Winner am Ende auflöst, auch wenn einige
Punkte offen bleiben.
Das der Roman letztlich nicht aus der Masse der Psychothriller herausragt, liegt
an diversen handwerklichen Aspekten. Ganz wesentlich ist der klischeehafte
Schreibstil von Jonas Winner, der mich überhaupt nicht packen konnte. Dazu
zählen auch die Dialoge, die allesamt hölzern und schablonenhaft wirken. Es
gibt Szenen (wie das erste Zusammentreffen von Ben mit Julians Familie), bei
denen man am liebsten den Rotstift ansetzen und ganze Passagen neu schreiben
möchte. Dadurch können auch die Figuren nicht wirklich überzeugen. Ben
Lindenberger bleibt als Hauptfigur blass und hat eher unsympathische
Eigenschaften, die ihn nicht unbedingt zu einer Identifikationsfigur machen.
Die kurzen Kapitel regen zwar zum Weiterlesen an, jedoch nicht wegen des hohen
Spannungsfaktors, sondern eher, weil man hofft, das genau dieser irgendwann
einsetzt. Doch die Ausfahrt zur Hochspannung verpasst Jonas Winner ein ums
andere Mal.
Fazit
Die gute Grundidee setzt Jonas Winner in seinem Thriller leider nicht gekonnt
um. So bleibt "Der Architekt" ein unterdurchschnittlicher Roman, der
nur bedingt spannend ist und vor allem durch den holprigen Erzählstil des
Autors auffällig ist.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 04. Oktober 2012 2012-10-04 16:31:19