Der Titel des Buches in seiner deutschen Fassung bringt es auf den Punkt. Es
geschieht alles an ein und demselben Tag in Paris, allerdings aus der Sicht
verschiedener Protagonisten. Wenn man sie überhaupt Protagonisten nennen kann,
so handelt es sich um Amerikaner Josie, Riley und Jeremy, die von ihren
Privatlehrern Nico, Philippe und Chantal einen ganzen Tag lang durch Paris
geführt werden und am Nachmittag den Dreharbeiten eines Kinofilms beiwohnen.
Sie sind nach Frankreich übergesiedelt oder haben längere Zeit dort zu tun.
Die französische Sprache entgleitet noch nicht so flüssig ihren Lippen oder,
wie im Falle Jeremys, der Ehemann des in dem Kinofilm mitspielenden
Hollywood-Stars, bekamen die Französischlehrerin zum Zeitvertreib an die Seite
gestellt.
Auf diese Weise wird ein Tag im Leben des jeweiligen Pärchens geschildert.
Dabei geht es meist sehr viel um - um was soll es in Paris schon gehen? - Liebe.
Und um Sex. Es geht um das Leben und die Beziehungen zu den Ehepartnern und
Lebensgefährten, zu den Eltern, zu den Kindern. Die Protagonisten stellen sich
die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Hiersein, nach der Vollkommenheit
ihrer selbst. Besonders schön gelungen ist der Autorin die Kulisse von Paris.
Der Charme dieser großen, kleinen Stadt mit dem Duft seiner Straßenzüge, dem
Duft seiner Bistros und Cafés, den Gärten, den Museen, mit allem, was Paris
ausmacht. Parisliebhaber, und ich zähle mich dazu, werden dieses Buch mögen.
Sie nehmen sich beim Lesen eine Auszeit und machen einen Ausflug in die
europäische Metropole an der Seine.
Trotzdem gibt es einen schalen Beigeschmack für die Geschichtenliebhaber unter
den Lesern. Es handelt sich um einen Episodenroman. Die Geschichten sind
untereinander nicht miteinander verbunden, bis auf die Privatlehrer und den
Filmdreh. Es sind also drei verschiedene Geschichten, drei Geschichten von sechs
Menschen, die durch die Welt taumeln und nicht wissen, wo ihr Ziel liegt. Es
sind unterhaltsame und lesbare Zustandsbeschreibungen, denen aber der Makel der
fehlenden Spannung anhaftet. Auch die grammatikalischen Zeiten stimmen nicht
immer. Wenn beispielsweise in einer Rückblende über die Zukunft (die noch vor
der Handlung in der Gegenwart liegt) spekuliert wird, dann ist mir das nicht
klar. Denn der Erzähler weiß zu diesem Zeitpunkt, wie die Vergangenheit
ausgesehen hat und muss darüber keine Spekulationen anstellen. In diesem Falle
liegt die Zukunft bereits in der Vergangenheit und ein Konjunktiv verbietet
sich. Doch da es sich um eine Übersetzung handelt, ist die Ursache der
grammatikalischen Ungereimtheiten nicht sofort feststellbar. Ein Konjunktiv in
der Vergangenheit liest sich halt ungewohnt.
Fazit
Dennoch: Wer gerade keine Zeit hat, um sich ein paar schöne Tage in Paris zu
machen, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Leichte, charmante Lektüre
von einem ebensolch charmanten Paris. Pariser Leben als Gefühl auf dem
heimischen Sofa.
© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 11. September 2012 2012-09-11 19:18:17