Die Steampunk-Geschichten in Deutschland werden zwar als Hype gesehen, doch ist
das leider nicht der Fall. Selbst die gestandenen Autoren finden sich mit ihren
Steampunkgeschichten in der Abteilung Jugendbuch wieder, weil sie sich dort eher
verkaufen lassen. Daher ist der Schritt, den der Fabylon-Verlag machen möchte,
sehr mutig. Der Kurzgeschichtenband Erinnerungen an Morgen ist der erste Band,
der im Fabylon-Verlag erscheint, weitere vier Steampunk-Bände sind
angekündigt. In der vorliegenden Kurzgeschichtensammlung sind sechs Autorinnen
und Autoren vertreten, die innerhalb der Phantastik nicht unbekannt sind.
Guido Krain: Steam is beautiful
Die Geschichte beginnt mit einem mittellosen Erfinder, der kaum genug Geld in
der Tasche hat, um nach hause zu fahren. Er tritt die Erbschaft seines Onkels
an, der sich ebenfalls als Erfinder betätigte. Die Erbschaft erweist sich
jedoch als etwas schwierig, denn mit ihr kommt der Priester der nahen Kirche und
bringt eine geliehene Erfindung zurück, mit der Bitte um Reparatur. Mit diesem
Problem kann sich Mr. Eagleton nicht auseinandersetzen, denn das Haus ist in
einem desolaten Zustand und er benötigt eine Haushaltshilfe. Diese findet sich
in einem dampfbetriebenen Stubenmädchen wieder. Bald wird aus der
Heimkehrergeschichte eine Krimigeschichte mit ungewöhnlichem Ausgang.
Bernd Perplies: Der Automat
Die Geschichte ist in sofern interessant, dass es aus der Sicht eines
Auftragsmörders geschrieben wurde. Er wird immer dann gerufen, wenn es darum
geht, missliche Personen vom Leben zum Tode zu befördern. Er hat zwei Regeln,
die er immer einhält. Keine Frauen, keine Kinder. Ansonsten sind ihm die Opfer
egal. Gegen Geld erfüllte er jede Todessehnsucht und -Art. Bei diesem Auftrag,
kein Kind zu töten, wird seine Regel etwas gestreckt, denn das Kind ist ein
Automat.
Sören Prescher: Erinnerungen an Morgen
Henry ist Arzt in der Ausbildung und darf am ehrenwertem St. Thomas Hospital
seinen praktischen Erfahrungen erlernen. Er ist dem noch ehrenwerterem Dr.
Browning unterstellt. Der Arzt behandelt die psychisch Kranken mit Methoden, die
zu der Zeit üblich waren, Kaltwasserschock, glühende Eisen etc., die aber dem
jungen Arztanwärter nicht gefallen. Dieser erinnert sich an Herrn Messmer und
seine Methoden und wendet diese auch an. Dies missfällt dem Dr. Browning und
Henry hat seine Probleme mit der Krankenhausleitung. Wie dem auch sei, er
besteht die Prüfung zum Doktor als drittbester und darf nach dem Eklat am ST.
Thomas Hospital dort dennoch praktizieren, bevor er sich selbstständig macht,
heiratet und letztlich eine junge Witwe hinterlässt.
Tanya Carpenter: Varieté D'Immortal
Der junge Edward lernt Francois, einen Magier kennen, der seine Tote Frau
Estrella wiederbeleben möchte. Gemeinsam mit Federique hatte Francois bereits
mit Tieren experimentiert und soll nun für Francois Estrella wiederbeleben.
Aber für jedes Leben, das zurückgebracht werden soll, müssen andere Tiere ihr
Leben lassen und je länger der Tod zurückliegt, desto mehr Leben. Francois ist
dabei bereit, ein vollbesetztes Theater für das Leben seiner Estrella zu
opfern.
K. Peter Walter: Bringen Sie uns den Kopf von Abu Al-Yased
Kapitän Ulysses B. Rudd trifft auf den Ingenieur und Konstrukteur des Schiffes
Aella, George Molyneux Kevorian. Der Erbauer des schnellsten Schiffes soll den
Kapitän in die Technik einweisen, damit dieser den Piraten Abu Al-Yased jagen
und töten kann, denn die britische Admiralität ist nur an seinem Kopf
interessiert. Der arabische Terrorist kapert Schiffe und verlangt Lösegeld. Den
Briten ist jedoch daran gelegen, dass ihre Handelsmarineoffiziere nicht an
abgeschnittenen Ohren und Fingern erkannt werden, weil der Pirat zur
Unterstreichung seiner Forderungen diese abgeschnitten hat.
Andreas Gruber: Der Maya-Transmitter
Graham Worthington ist auf einer Expedition, auf den Spuren von Matthew
Anderson und seiner Expedition von 1885. In einer alten Maya-Pyramide in Uxmal
findet Worrington eine Maschine, die seine Vorgänger als sagenhaften
Maya-Transmitter bezeichneten. Die Anderson-Expedition verschwand damit und auch
Worrington begibt sich auf die Reise.
Fazit
Die Kurzgeschichtensammlung von Alisha Bionda besticht durch eine einzigartige
Zusammenstellung von verschiedenen Kurzgeschichten bzw. von Vorgeschichten zu
zwei Romanen. Auf diese Weise erfährt der Leser mehr über verrückte
Wissenschaftler, Automaten, Mörder und andere Menschen, die sich mit einer
anderen Technik und anderen Problemen herumschlagen müssen. Die sechs
Schriftsteller, die ich in diesem Fall gern von dem einfachen Begriff Autor in
eine höhere Ebene erhebe, schaffen es spannende Geschichten zu schreiben und
den Leser gern daran teilhaben zu lassen. Bei manch einer Geschichte war die
Handlung vorhersehbar, doch nicht unbedingt der Schluss. Fesselnde Unterhaltung,
unbekannte Orte und spannende Handlungen. Der Dampf macht die Musik.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 02. September 2012 2012-09-02 10:20:28