Vor sechs Jahren entdeckte Brigitte Ehring das Dichten für sich; nun legt sie
ihr erstes eigenes Buch vor, etwas unglücklich betitelt mit "Das Grauen
vor dem Morgengrauen". 30 Beiträge zum alltäglichen und weniger
alltäglichen Dasein, mal in Gedicht-, mal erzählter Form, wobei die Gedichte
deutlich besser abschneiden. Vielleicht findet man ihr "Freude am
Leben" in einer Anthologie der nächsten Jahre wieder, oder "Das
Warten des Poeten" in einer Anleitung zum kreativen Schreiben, oder
"Die Goldammer" in einem Mörike-Jahrbuch. Anders gesagt: Ehrings
Gedichte sind federleicht, ohne zu bagatellisieren, sie stimmen nachdenklich,
aber beanspruchen keine Philosophie für sich, sie berühren, doch sie sind kein
Strich sentimental. Die Erzählungen sind leider mißlungen, die gewählten
Motive wenig interessant, die Ausarbeitung allzu schlicht, die Intention
spannungsfeindlich überdeutlich, "Freitag, der Dreizehnte" ist eines
der dunklen Beispiele.
Fazit
Freundliches Fazit: Wer das erste Buch einer bisher unbekannten, dabei begabten
Dichterin nicht missen möchte, greife hier zu.
Vorgeschlagen von Paul Niemeyer
[Profil]
veröffentlicht am 29. Oktober 2003 2003-10-29 18:16:29