Mittlerweile gibt es eine kaum überschaubare Zahl von
Sherlock-Holmes-Geschichten weltweit. Das vorliegende Büchlein ist eines von
vielen, bei denen zu erkennen ist, wie sehr eine Schriftstellerin oder ein
Schriftsteller Freund und Liebhaber von Arthur Conan Doyle und dessen Romanfigur
ist. Mit viel Sorgfalt hat sich der tibetische Autor auf das Thema eingelassen
und in seinen Grundzügen einen klassischen Sherlock-Homes-Roman geliefert, der
in Indien und Tibet beheimatet ist. Doch so manches passt in diese Region und so
wurden auch gleich die Romanfiguren von Rudyard Kipling einbezogen. Dessen
Romane (u. a. "Das Dschungelbuch") spielen ebenfalls in diesen
geografischen Breiten und seine Figuren haben maßgeblichen Beitrag an den neuen
Abenteuern des Meisterdetektivs.
Wir befinden uns in Bombay des Jahres 1891. Eine blutüberströmte Leiche im
Taj-Mahal-Hotel versetzt nicht nur die Polizei in höchste Alarmbereitschaft.
Doch dann stellt sich heraus, dass der Mordanschlag eigentlich dem ominösen
Sigerson galt. Doch das wiederum ist das Pseudonym des inkognito reisenden
Sherlock Holmes. Zusammen mit dem Ich-Erzähler Hurree vom indischen
Geheimdienst, dem quasi die Rolle des Dr. Watson zufällt, macht er sich auf die
Jagd nach dem Täter. Sie führt beide nach Tibet, wo sie einer Verschwörung
gegen den Dalai Lama auf die Spur kommen.
Das Buch dürfte nicht nur für die Liebhaber von Detektivgeschichten
interessant sein, sondern auch für jene, die nicht genug von der faszinierenden
Landschaft bekommen können. Denn der Autor scheint zudem noch Liebhaber von
Karl May zu sein. Ist nicht allein die Figur des Sherlock Holmes generell
oberlehrerhaft, so trifft dies auch oft für Karl May, bestimmt aber für
Jamyang Norbu zu. Norbu erzählt über viele Seiten von den tibetischen Sitten
und Rituale, und beschreibt mit unendlicher Ruhe weite Landschaften. Das klingt
etwa so: "Inzwischen hetzten wir in vollem Galopp über das Schneefeld,
doch die Angreifer holten langsam auf. Uns was das Schlimmste war: Sie rückten
unserer Nachhut zu Leibe, also mir. Ich trat meinem Pony kräftig in die
Flanken, um es zu noch größerer Eile anzutreiben." Wohlbemerkt, es
handelt sich nicht um Karas Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, sondern um
Sherlock Holmes mit seinem Gefährten Hurree.
Insgesamt ist der Roman, was Aufbau und Sprache angeht, ein klassischer
"Sherlock Holmes". Für manchen Leser weist er jedoch etwas
Überlängen auf, wenn ihn Landschaften und Buddha nicht interessieren.
Hervorzuheben sind die äußerst präzisen bibliografischen Details der
Schriftsteller Doyle und Kipling im Anhang des Buches. Wer eine Übersicht all
derer Werke sucht, wird hier fündig. Zusätzlich enthält das Buch diverse
Adressen tibetischer Unterstützer.
Fazit
Für den Sherlock-Holmes-Fan ein Muss.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 16. August 2012 2012-08-16 11:55:06