Ein Loblied auf den Pragmatismus
Es ist nun beileibe keine neue Erkenntnis oder "Mode", die Haltung des
Pragmatismus nach vorne zu rücken. "Anpacker", "Macher",
"Vernunftmenschen" stehen seit ehedem hoch im Kurs. Wenn einer wie
Altkanzler Helmut Schmidt verlauten lässt, dass er einen mit
"Visionen" umgehend einer inneren Abteilung eines Krankenhauses
empfohlen hätte und wenn man die Wertschätzung dem Pragmatiker Helmut Schmidt
bis heute hin wahrnimmt, dann ist durchaus zu vermuten, dass der Pragmatismus zu
allen Zeiten eine durchaus nutzbringende Führungseigenschaft war.
Allerdings, und dies sollte man im Hinterkopf bei der Lektüre des Buches haben,
gerade der Pragmatismus braucht eine enge Werte Anbindung, denn er lässt sich
durchaus in den Dienst auch zerstörerischer und kruder Ideologien stellen.
Nicht nur die verblendeten Ideologen des dritten Reiches sind verantwortlich
für die zerstörerischen Kräfte jener Zeit, ohne kühle Pragmatiker der Macht
und der Umsetzung der Vorgaben wäre der Welt an sich vieles erspart geblieben
an Gräueln. (Gut, dass Schönherr-Mann immer wieder auch auf das Gemeinsame,
das Zusammenwirken der Menschen rekurriert. Dies als Leitlinie genommen, ist der
pragmatische Ansatz sicherlich hoch interessant gerade im Anblick vielfacher
Wertkonflikte der Gegenwart).
Aber was ist es nun genau, was man gewinnt, wenn man pragmatisch denkt?
Hans-Martin Schönherr-Mann gibt breit und durchaus fundiert argumentiert
Aufschluss über den Nutzen des Pragmatismus für die heutige Zeit. Und stellt
von Beginn an klar, dass das überkommende Vorurteil, Pragmatiker hätten eben
keine Prinzipien, so nicht stimmig ist und nie stimmig war. Wohl aber verweist
er auf die Konkretion, die dem Pragmatismus innewohnt, sich um Probleme
vorrangig zu kümmern und nicht abstrakten Ideengebäuden oder unnachgiebigen
Dogmen das Wort zu reden. Die eigenen Leitlinien sind dabei durchaus vorhanden,
treten aber zum Nutzen der Sache in den Hintergrund. So gewinnt die pragmatische
Haltung vor allem Handlungsfreiheit in mannigfaltigen, teils auch festgefahrenen
Problemlagen und sucht vorrangig Lösungen (und wieder sei betont, das die zu
Grunde liegenden Leitlinien des Pragmatikers, die Werte, von entscheidender
Bedeutung sind, letzte Linien nicht dem Machbaren zu unterwerfen). Ein wichtiger
Ansatz auf der Basis der Erfahrungen, dass Diskussionen um Werte und
Weltanschauungen oft kaum lösbar vorliegen.
Überall da also, wo Menschen darauf angewiesen sind, aus unterschiedlichen
Haltungen heraus gemeinsame Probleme zu lösen, das führt Schönherr-Mann
überzeugend aus, ist die Haltung des Pragmatismus jene, mit der am ehesten
Kompromisse und Ergebnisse mit praktischen Folgerungen zu erzielen sind. Das
" gemeinsam Machbare" tritt in den Fokus, nicht das
"Normative".
Pragmatisch dann betrachtet Schönherr-Mann die Folgerungen grundlegender
Philosophischer Felder für "die Machbarkeit" des Alltages, des
Lebens.
Ethik, um das Leben zu gestalten, Wissen, um sich zu orientieren in der Welt,
Politik, um das eigene Leben verantwortlich gestalten zu können. Kunst,
Ökologie und vieles mehr überprüft Schönherr-Mann auf die Wichtigkeit des
jeweiligen Feldes im Sinne der pragmatischen Notwendigkeit für das
Individuum.
Hier und da wirkt dies allerdings doch sehr persönlich gefärbt
(Sprachphilosophie, weil man nie weiß, was man sagt; Religion, um sich nichts
vorbeten zu lassen u.a.).
Fazit
Immer aber, und das ist aufgrund der einfachen Sprache des Buches gut
nachzuvollziehen, bleibt Schönherr-Mann auf seinen "pragmatischen
Grundlagen" und Methoden. So mag das ein oder andere Kapitel inhaltlich zu
subjektiv gewählt sein und nicht jedem Leser gleichermaßen in seiner Bedeutung
sich erschießen, was man allerdings am Buch sehr gut nachvollziehen und lernen
kann, ist eine differenzierte, pragmatische Haltung, die dazu benötigten
"Tugenden" und die Umsetzung dieser Haltung im eigenen Leben und im
Alltag. Wobei der Titel des Buches nur eingeschränkt und subjektiv zu
verstehen ist und die Philosophie auf den Pragmatismus letztlich zentral
zugrundeliegend nur vorliegt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 16. August 2012 2012-08-16 06:16:51