Karls Afrika ist nicht meins.
Karl Konrad lebt als pflichtbewußter, überaus kauziger, eigenbrötlerischer
Sohn in einem kleinen, verschlafenen, ziemlich stumpfsinnigen Dorf im Osten
Deutschlands und pflegt dort seine bettlägerige Mutter, da Vater und Bruder
frei von jeglicher Bürde als Auswanderer nach Afrika gegangen sind. Wenn man es
recht betrachtet, ist das Dörfchen nicht nur verschlafen und stumpfsinnig
sondern liegt es eigentlich in den letzten Zügen, von nahezu allen Einwohnern
verlassen, mit einer Kneipe, einem Gemischtwarenmarkt, der Metzgerei und der
Kirche, der es an Besuchern mangelt. Elke, die blonde Metzgereiangestellte,
ihres Zeichens Dorfschönheit(da konkurrenzlos) und Fleischereifachverkäuferin
ist die Hauptattraktion der Gemeinde und damit Ziel ihrer begehrlichen Gedanken
- und von seiten ihres Chefs auch unmißverständlicher Angebote, denen sie sich
verschließt, weil in ihrem Inneren ein anderes Mannesbild existiert. So läuft
denn alles seinen gewohnten, trotteligen Gang, bis eines Tages Hubertus, der
Postbote, eine Karte aus Afrika bringt, auf der Karls Bruder von seinem Leben
auf diesem Kontinent schwärmte und seinen Besuch ankündigt. Konrads Welt
gerät aus den Fugen, seine lange in ihm verborgen gebliebenen Träume drängen
an die Oberfläche und lassen die schwindelerregende Idee aufkommen, sich ein
eigenes Afrika zu erbauen, nicht weit entfernt, gleich hinterm Waldrand, eine
eigene exotische Welt. Die gerade herrschende Hitzeperiode scheint die richtige
Geburtsstunde zu sein. So fügt es sich ebenfalls passend, dass die
Schwarzafrikaner Ephraim und Alfred dazustossen, ausgemusterte Zebras und
Esmeralda, die Flusspferddame, übernommen werden können und samt Karls
umgesiedelten Häuschen eine neue Heimat am Seeufer finden. Jeder übernimmt
eine Rolle auf dem neuentstandenen Kontinent, selbst Konrads bettlägerige
Mutter hütet unter ihrer Decke ein paar mutterlose Straußeneier bis zum
freudigen Tag des Schlüpfens. Wie Eines das Andere nach sich zieht, so bewirkt
auch diese Schöpfung Veränderungen bei den beteiligten Menschen und den
eingefahrenen Traditionen.Und ein afrikanisches Happy-End sieht eigentlich nicht
anders aus als ein deutsches, oder?
Florian Beckerhoff hat ein eigenwilliges, schräges Buch geschrieben, in dem
alle Charaktere überzeichnet und skuril dargestellt sind. Es ist eine besondere
Art des Humors, deren er sich bedient und die nicht jedermanns Sache ist. Sein
flüssiger, lockerer Schreibstil macht das Lesen leicht und schafft ein flottes
Vorankommen in der Lekture. Schnell ist dem Leser klar, dass hier gewisse
Parallelen zu bestimmten Lebenssituationen gezogen werden, dass in abstrusen
Schilderungen Persiflagen auf den normalen Alltag verborgen sind und unter den
simpel geglätteten Gegebenheiten sich doch so einige Probleme verstecken, die
den Menschen zum Nachdenken über Themen verschiedenster Art zwingen. Es ist
sicherlich für einen Teil der Leserschaft ein amusantes Unterfangen, die
eingearbeitete Aktualität zur Gegenwart herauszufiltern, mir allerdings sagt
dieser Umweg über die Karrikatur nicht zu, vor allem dann nicht, wenn sie sich
gewollt simpel und in sparsamstem Wortreichtum ausdrückt. Das Werk ist mir zu
wirklichkeitsfremd um Realität zu vermitteln, aber zu wenig liebenswert, um in
die Katagorie der Märchen zu passen.
Wie ich anfänglich schon sagte: Karl Konrads Afrika ist nicht meins. Leider.
Fazit
Wie schon gesagt hat Florian Beckerhoff hier sicherlich unterhaltsamen Lesestoff
geschaffen, wenn man eine Vorliebe fürs Überzeichnete und Schräge hat. Was
mich hier am meisten gestört hat, ist die teilweise einfältige Darstellung des
menschlichen Verhaltens basierend auf deren ebenbürtig simplen Gedankengängen.
Insgesamt eine Lektüre, die aber absolut ihren Unterhaltungswert hat, wenn man
ihrer Botschaft folgen mag.
Vorgeschlagen von brillenbaby
[Profil]
veröffentlicht am 11. August 2012 2012-08-11 12:04:55