Verurteilt wegen Mordes an ihrer Tante, Frau von Eichenborn - das war der
Schuldspruch, der vor zehn Jahren über die damals 21jährige Wanda verhängt
wurde. Nun steht sie, frühzeitig entlassen, draußen in der ihr fast fremd
gewordenen Welt und trägt außer alptraumartigen Erinnerungen nur einen
Gedanken in sich: Sie will den Mordprozess neu aufrollen, ihre Unschuld beweisen
und den wirklichen Täter seinem gerechten Urteil zuführen. Dazu bedient sie
sich des Anwalts Philipis und des Detektivs Konrad Kümmer, der schon einmal
bessere Zeiten gesehen hat. Er jobt als Kaufhausdetektiv und nach Stunden
bezahlter Gärtner, fühlt sich selbst so wie der letzte, übriggebliebene Gast
einer ausgeklungenen Party und sucht im Moment einen Weg, das Verhältnis zu
seiner Freundin Caro zu beenden, das seines Erachtens nach eine zu intensive
Dichte erreicht hat. Ohne sein rechtes Zutun gerät er außerdem in die
Ermittlungen zur Ergreifung eines Serienkillers, der innerhalb kurzer Zeit
mehrere junge, hübsche Frauen auf brutalste Art und Weise ermordete. Der Main
schwemmte sie ans Ufer - mit einem Bolzenschussgerät getötet, mit
kahlgeschorenem Schädel und Lederriemen um den Hals. Das Ungewöhnliche aber
ist, dass Kümmer sie alle kennt - und nicht nur flüchtig.
Eine alte Schuld und eine aktuelle, blutig-grausame Mordserie sowie alle
Personen, die in beiden Verbrechenssträngen eingebunden sind, finden im Werk
der Autorin eine detaillierte Beachtung und werden unmittelbar an den Leser
herangetragen. Auch zahlreich geführte Dialoge der Protagonisten untereinander
informieren auf geschickte Weise über Charaktere und Befindlichkeiten. Die
einzelnen Kapitel, die mit Handlungsorten betitelt sind, geben der
Kriminalgeschichte Rasanz und Aktualität, wie es sonst nur Zeitungsnotizen
vermitteln. Der Spannungsbogen, der praktisch von Beginn an aufgebaut wird,
schwächelt zu keiner Zeit und zieht den Leser in seinen Bann. Immer wieder ist
man geneigt, Vermutungen zur Auflösung anzustellen, wenn sich plötzlich - wie
ein flashlight - ein Verdacht zu ergeben scheint, die Folge einer psychologisch
und kriminalistisch klug aufgesetzten Story.
Jasmin Meranius hat hier ein echtes Lesevergnügen geschaffen, hat Personen
entstehen lassen, die dem Leser schnell vertraut werden - negativ oder positiv -
das ist eines jeden persönliche Entscheidung. Die Geschichte selber hebt sich
aus dem üblichen Schema auf anregende Weise heraus und belohnt den Leser mit
ungewöhnlichen Auflösungen.
Fazit
Ein Klasse Buch, das absolut aus dem 08/15 Schema herausragt, intelligent und
überaus spannend entwickelt. Von mir erhält das Werk eine besondere
Lese-Empfehlung.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 30. Juli 2012 2012-07-30 16:34:37