Die Endstation der Sehnsucht für fünf junge Frauen scheint New York zu sein,
die glitzernde, verlockende, freizügige amerikanische Metropole, in der sich zu
Beginn des Jahres 1952 ihre Wege kreuzen. Es mag sein, dass die Anzeige in der
New York Times, welche lautet "Sie verdienen das Beste von allem, den
besten Job, die beste Umgebung, die beste Bezahlung, die besten Kontakte"
eben vom Verlag Fabian Publications aufgegeben wurde, der dort in einem
Wolkenkratzer über fünf klimatisierte Etagen hinweg seinen Sitz in Radio City
hat. Hier konzentrieren sich die Hoffnungen der fünf verschiedenen Frauen auf
einen beruflichen Neustart, der die unterschiedlichsten Beweggründe hat. Sie
treffen einander zum erstenmal, tauschen die frühen Worte des Bekanntwerdens
und werden von nun an morgens gemeinsam vom subway Richtung Fabians eilen, um
pünktlich ihren Dienst anzutreten. Doch jede hat ihre eigene Vergangenheit zu
bewältigen und ihren Zukunftstraum, der verwirklicht werden soll. Und das alles
soll New York möglich machen, diese Stadt, in der man oft fröstelt, weil man
so allein sein kann, selbst wenn die spektakuläre Weihnachtsbeleuchtung
eingeschaltet ist, oder sich "one-night-Stands" und bedeutungslose
Cocktail-Partys abwechseln. Welche dieser jungen Frauen eines Tages der
quirrligen Stadt ihr Glück verdanken wird - ob Caroline, April, Gregg oder
Barbara, oder aber am Ende Mary-Agnes, die einfach nur eine traumhafte Hochzeit
erleben möchte, erfahren wir im Laufe dieses wunderbaren Romans.
Rona Jaffe, deren Debutroman von 1958 am 11.5.2012 als Neuübersetzung in
Wiederauflage erschien, hat hier ein schriftstellerisches Meisterwerk
geschaffen. Auf über 650 Seiten nimmt sie die Leserin mit in eine Zeit, die
recht besonders war. Trotz einiger noch existierender Tabuthemen, wie
Abtreibung, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Scheidung fühlte man sich
frei, war modisch orientiert, besaß berufliche Voraussetzungen, weiter zu
kommen und deshalb startete man durch - und zwar ins Zentrum des Erfolges - nach
New York. Was sich dort erfüllte, veränderte oder verloren ging, fesselt uns
über den ganzen Roman hinweg. Mit wunderbarem, ausdrucksstarkem
Einfühlungsvermögen läßt Rona Jaffe uns an jedem Schicksal teilnehmen,
fordert die Zeit von uns, sich so detailliert mit den Protagonistinnen zu
beschäftigen, wie sie es selber tut, und wir spüren eine erstaunliche
Veränderung in uns. Wir - die eiligen "Hab-wenig-Zeit" - Menschen der
Gegenwart genießen die auferlegte Muße, die man einfach benötigt, um diesem
Wortgemälde gerecht zu werden.
Fazit
Es ist so, wie Rona Jaffe zum Ende in ihrem Nachwort schreibt: "Das Beste
von allem ist ein soziologisches Dokument, aber es handelt auch von
Veränderung: wie sich das Leben verändert, wie alles, was einem zustößt,
etwas anderes verändert. Und das bleibt immer gleich."
Wieder einmal ein Buch, bei dem es mir schwerfällt, das letzte Blatt umzudrehen
und es wegzustellen - vergessen werde ich es nicht.
Das sind die besten Bücher, die du begrüßt wie ein Gast und von denen du
Abschied nimmst wie von einer Heimat.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 05. Juni 2012 2012-06-05 14:21:41