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Sam Hayes: Der fremde Sohn

Der fremde Sohn

von Sam Hayes
Verlag: Econ Ullstein List Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-548-61050-4

Preis: 1,43 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. Dezember 2024]
Reality check - durch diese aktuelle, rücksichtslose Fernsehsendung wurde Carrie Kent zu einer berühmten Fernsehmoderatorin, die ihre Kandidaten bis über die absolute Peinlichkeitsgrenze und Menschenwürde hinaus nach den intimsten Dingen ihres Lebens befragte und nur Eines dabei im Kopf hatte: die Einschaltquote hochzutreiben - gleichgültig um welchen Preis. Sie sonnte sich in dem Gedanken, anders zu sein als die Befragten, im Gegensatz zu ihnen einer anderen Schicht anzugehören, die priviligierter, reicher und unabhängiger war. Dass ihre Ehe mit dem farbigen, blinden Mathematikprofessor Brody Quinell gescheitert war und ihr gemeinsamer 15jähriger Sohn gerade ein Luxusinternat verlassen hatte und jetzt täglich eine andere, qualitativ schlechtere Schule besuchte, die in der Nähe der väterlichen Wohnung lag, schien ihren Oberschicht-Status nicht zu tangieren. Bis eines Tages ein Anruf kam, der ihr Leben veränderte: ihr Sohn Max wurde auf dem Schulhof erstochen, vom Täter fehlte jede Spur und die einzige Zeugin, seine Freundin Dayna Ray, verweigerte jede Aussage, konnte sich nicht erinnern und hatte durch den Verlust des Freundes ein Trauma erlitten. Auf der Suche nach Aufklärung des Mordes, die Carrie und Brody teils jeder für sich teils auch gemeinsam betrieben, wurde beiden klar, wie wenig sie über Max wußten, wie fremd ihnen seine Gedanken waren und wie nötig er ihre Hilfe gebraucht hätte. Würden sie letztendlich über sich selbst zu Gericht sitzen müssen?

Sam Hayes arbeitet mit zahlreichen Perspektiven aus Sicht der verschiedenen Protagonisten, in wechselnden Zeitebenen, in Vorausschauen und Rückblicken unter Benutzung feinfühliger Sprache und einem permanenten, leise eskalierenden Spannungsbogen, der dem Roman etwas vom Genre eines Thrillers verleiht. In erzählender Stetigkeit entwickeln sich die Charaktere der Mitwirkenden, das Mosaik ihrer Eigenschaften bildet ein Ganzes, aus dem heraus der Leser die Geschehnisse erklären muss, damit er Logik in diese Verkettung von unseligen Umständen bringen kann. In vielen, im Roman angesprochenen Gefühlen und Empfindungen erkennt man den aktuellen Bezug zur Gegenwart, in der wir den Mangel an Zuwendung und das fehlende Vermitteln von Geborgenheit beklagen. Das hilflose, haltlose Treiben noch nicht gefestigter, nicht genügend selbstbewußter junger Menschen ist nicht selten Auslöser von Einsamkeit und Isoliertheit. Jedoch hätte die Schriftstellerin eventuell darauf verzichten können, diesen Punkt in solch intensiver Häufigkeit zu erwähnen - weniger wäre hier mehr gewesen, da der Leser ein gutes Gedächtnis für bereits Geschriebenes hat. Ständige Wiederholung ermüdet auch. Unfassbar ist auch, dass Max in keiner Weise die Möglichkeit fand, sich einem seiner Elterteile mitzuteilen, obwohl diese doch jeder für sich in einer extrem anderen Welt lebten als ihr ehemaliger Partner. Aber Max fühlte sich wohl in beiden "Welten" irgendwie nicht zugehörig sondern "anders", wie er selbst sagte - eine unselige Situation.

Trotz der Punkte, die meines Erachtens nach Anlaß zur Kritik geben, ist das Buch flüssig zu lesen, bietet interessanten Lesestoff und eine gute, anschauliche Sprache, deshalb acht Sterne.
Fazit
Ein eindrucksvoller Roman über Schuld und Schicksal, Verursacher und Erdulder, in dem sich Grenzen verwischen und der Schmerz des Opfers zur Sühne des Täters wird.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von brillenbaby [Profil]
veröffentlicht am 09. Mai 2012

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