Aufstellung und Tetralemma
"Unterschiede sind für die soziale Arbeit zentral".
Der Unterschied eben zwischen dem, was "ist" und dem, wie es aus Sicht
eines Klienten "sein sollte oder sein könnte". Diese
Bedürfnisspannung ist letztlich das, was den therapeutischen Weg ausmacht und
wozu, in der Regel, Klienten professionelle Hilfe suchen (und benötigen). So
ergibt sich eine der zentralen Fragen sozialarbeiterischer Intervention.
"Wie kann dieses Agieren so konzipiert werden, dass in der Wahrnehmung des
Adressaten tatsächlich konstruktive, kreative und nachhaltige Veränderungen in
Gang gesetzt werden"?
Mittels der Methode zum einen der "Aufgestellten Unterschiede" was die
genaue Erfassung der Situation und des Zieles angeht und zum anderen der des
Tetralemmas (als "Entscheidungsmethode" für konkrete Schritt von Ist
zum Soll) bietet Heiko Kleve in seinem Buch im Blick auf diese
Grundfragestellungen der sozialen Arbeit eine Untersuchung von Methoden und
Interventionsmöglichkeiten an, die er im Buch zunächst in ihren theoretischen
Grundlagen erörtert, um dann im weitern Verlauf das Grundthema der Ambivalenzen
und Differenzen als wesentliche Teile der sozialen Arbeit vielfach zu
beleuchten.
Im Einzelnen gliedert Kleve seine Darlegungen zunächst in systemtheoretische
Überlegungen zum "Unterschied" und präzisiert diese anschaulich.
Geht dann über zu einer Betrachtung der Aufstellungsarbeit und erläutert die
durch diese ausgelösten Unterschiede im Denken und Handeln. Im folgenden,
dritten Teil, des Buches steht die Methode des Tetralemmas im Mittelpunkt.
Beruhend auf der Erkenntnis und Beobachtung von einer Differenz und Ambivalenz
oft in Bezug auf Entscheidungssituationen versucht Kleve, mittels des
Tetralemmas ein "Verfahrung zum Differenz- und Ambivalenzmanagement"
an die Hand zu geben, mittels dessen solche Situationen effektiv und konstruktiv
"erweitert" werden können, um eine Entscheidung im sinne der sozialen
Arbeit herbeizuführen. Im Kern bildet diese Methode eine grafische
Veranschaulichung von "vier Ecken" als Kategorisierung von
grundsätzlichen Haltungen und Standpunkten, wobei alleine schon diese klare
Veranschaulichung in den Augen Kleves eine befreiende Wirkung entfalten kann.
Wenn in der Ambivalenz sich ein "Keins von Beiden"
herauskristallisiert, liegt die Lösung im Sinne des Tetralemmas entweder in der
Eröffnung dritter, viert, fünfte und mehr Möglichkeiten und / oder eben in
der Entdeckung bisher nicht klarer Kontexte "hinter" den
vordergründigen Ambivalenzen. In den Grundfragen "Das Eine. Das Andere.
Keines von Beiden. Beides" (vier Ecken des Tetralemmas) und der Variante
"all dies nicht und selbst das nicht" erwartet Kleve im Durchgang des
Tetralemmas ein "in den Fluss kommen" der Ambivalenzen und damit die
Eröffnung neuer Ideen und Entscheidungsmöglichkeiten.
Im Gesamten bietet Heiko Kleve eine vor allem theoretisch fundierte
Methodenlehre an, die im Bereich der sozialen Arbeit "Unterschiede"
vermittels der "Aufstellungsarbeit" eindeutig zu klären und zu
benennen versucht und andererseits mittels der Methode des Tetralemmas eine
Öffnung festgefahrener Ambivalenzen in den Raum setzt. Hierbei wendet sich
Kleve in erster Linie an den professionellen Sozialarbeiter und dessen
Bearbeitung zu treffender Entscheidungen. Ganz zu überzeugen vermag er mit
seinen Ausführungen allerdings nicht.
Allein schon in der Sprache zeigt sich das Buch hoch komplex und in Teilen
abstrakt, es ist nicht einfach, dem roten Faden und den dargestellten Inhalten
zu folgen. Zudem erscheint gerade die "neue" Methode des Tetralemmas
als eher komplexer Weg, der sich hier und da auch als umständlich herausstellen
könnte (was zu erproben wäre).
Fazit
Wissenschaftlich komplex in der Sprache, mit zwar einigen praktischen
Anwendungen versehen (die allerdings ebenfalls ein stückweit wie unter
"Laborbedingungen" wirken), bietet das Buch in erster Linie keine
einfache "Praxisanleitung", sondern fordert zu einer intensiven
Auseinandersetzung mit den Inhalten heraus. Wieweit die Methode des Tetralemmas
dann in der Praxis handhabbar und umsetzbar ist, erschließt sich zunächst
weniger aus den Einlassungen Kleves, sondern müsste tatsächlich einfach
erprobt werden. zur grundlegenden Darstellung der Wichtigkeit von Unterschieden
und Entscheidungen und als erstes Kennenlernen vor allem des
"Tetralemmas" ist das Buch gut geeignet, zur Umsetzung bedürfte es
allerdings einer fundierten, weiteren Aneignung und Erprobung gerade der Methode
des Tetralemmas.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 04. April 2012 2012-04-04 11:35:32