Der Autor Bringsvaerd lässt die mystische Sagengestalt Minotauros seine
Lebensgeschichte erzählen. Er beginnt mit seinen Vorfahren, die bis zu den
ersten Göttern der griechischen Geschichte reichen und zeigt in einer
Ahnentabelle, wer wie mit wem verwandt ist. Dadurch wird dem Leser ein
anschauliches Bild vermittelt. Mischwesen wie der Minotauros, also halb Tier
halb Mensch kamen in Kretas Geschichte häufig vor. Selbst sein Vater König
Minos, Sohn von Europa und Zeus, zählte dazu, denn Zeus verführte Europa in
dem er sich in einen Stier verwandelte.
Eine zentrale Rolle in Minotauros Leben spielt Daedalos. Als genialer
menschlicher Ingenieur der Frühzeit tritt er in Konkurrenz zu den Göttern und
puscht in deren geplante Abläufe. Erst Minotauros Freund, baut er später jenes
Labyrinth, was Minotauros aber auch sein eigenes Gefängnis werden soll. Für
die Flucht hat Daedalos einen hohen Preis zu zahlen, den Verlust seines Sohnes
Ikarus.
Minotauros beherbergt zwei streitende Seelen, den gutmütigen Stier und den zum
Bösen neigenden Menschen. Er mag und liebt seine Opfer, verschont sie manchmal
für einige Zeit, bis er sie dann, ihrer überdrüssig und krank vor Hunger,
doch verspeist. Immer wieder kreisen seine Gedanken um sein Schicksal. Warum ist
ihm dieses Leben beschieden? Die Ein-samkeit wird durch die wenigen Besuche
seiner Schwester Phaidra nicht erleichtert. Er hadert mit seinem Vater, der für
die Gefangenschaft verantwortlich ist. Am Ende entsteht aufgrund der
Ausweglosigkeit eine Todessehnsucht. Aber wer ist mächtig und stark genug den
Minotauros zu besiegen? Er sucht in Gedanken die Welt ab und findet Theseus. Das
Ende ist zum Greifen nah. Doch Theseus benötigt auch die Hilfe von Ariadne,
eine weitere Schwester von Minotaros.
Fazit
Dem norwegischen Autor Tor Age Bringsvaerd ist es mit einer pfiffigen Idee
gelungen, dem Leser die Geschichte des Minotauros, die sogenannte Theseus-Sage,
in einem neuen Licht interessant und spannend zu vermitteln. Das Buch Minotauros
steht im Zusammenhang mit zwei weiteren Büchern des Autors, "Die
Pinocchiopapiere" und "Die Stadt der Metallvögel". Einige
Kritiker sehen hierin eine Trilogie mit dem Gesamtthema postmythisches
Emanzipationsstreben.
Vorgeschlagen von Lothar Hitzges
[Profil]
veröffentlicht am 10. Oktober 2003 2003-10-10 07:56:12