Wertvermittlung durch Erzählungen
Dass das Erzählen von Geschichten seit Beginn des Homo Sapiens die zentrale
Form der Weitergabe von Traditionen, Werten, Visionen ist, dass durch
Geschichten sich eine Gesellschaft im Gesamten fundiert und ihrer selbst sich
vergewissert, ist durchaus allgemein bekannt. Bücher, Medien, Zeitrungen,
Fernsehen, Musik, all dies ist nichts anderes als das "Sitzen um das
Lagerfeuer" mit anderen Mitteln. Zur Unterhaltung einerseits, vor allem
aber zum Transport eines Weltbildes, von Werten und eines inneren
Selbstverständnisses sowohl beim Erzähler als auch bei den Zuhörern.
Aus diesem fundamentalen Bereich menschlicher Existenz hat Mirko Zwack ein ganz
konkretes Thema in seinem Buch einer näheren, fundierten und differenzierten
Untersuchung auf dem Hintergrund systemischer und narrativer Theorien
zugeführt.
Der "Wertevermittlung durch Erzählungen in Familienunternehmen".
Ein Ort im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben, der ob seiner besonderen
inneren Struktur geradezu prädestiniert für eine solche Untersuchung ist. Es
ist gerade die "Wert-Orientierung", die dem Unternehmen seinen
"individuellen Stempel" aufdrückt. Fragen der Kontinuität des
Unternehmens und der Glaubwürdigkeit sind eng mit dieser Wertorientierung
verbunden. Die wissenschaftliche Befundlage zu diesem Gebiet ist allerdings
bisher nicht sonderlich breit ausgeprägt.
Erzählungen, durchaus im Lauf der Zeit auch in legendenhafter Form über
Gründungsmythen, den Gründer selbst, Zeiten schwieriger Fahrwasser und
entscheidend beteiligter Personen, so die Grundthese Zwacks (und im Rahmen
seiner Untersuchung fundiert nachvollzogen) stellen ein eben entscheidendes
"Vehikel der Wertevermittlung" in Familienunternehmen dar.
In drei Hauptteile gliedert Zwack hierbei seine, auf seiner Dissertation
beruhende, Untersuchung. Zunächst stellt er allgemein die Thematik kultureller
Werte in Familienunternehmen dar. Zeigt sodann den aktuellen Stand der Forschung
mitsamt aktueller Hypothesenbildung auf und schließt mit einer theoretischen
und empirischen Überprüfung, der er systemische Theorien zugrunde legt.
Im Ergebnis weist Zwack nachvollziehbar nach, dass es eben jene
"kulturellen Werte" sind, die ein wesentliches Abgrenzungskriterium
für diese Form der Unternehmen darstellen, die auch eine wesentliche Rolle für
den Erfolg des Unternehmens am Markt und im Rahmen innerer Prozesse spielen.
Werte allerdings, die durchaus zwischen Unternehmen divergieren und immer
individuelle Ausformungen in sich tragen. Eine allgemeine Darstellung von
allgemeingültigen Werten für "Familienunternehmen" kann so nicht
erhoben werden. In der Frage der Wertevermittlung (intern wie extern) ist die
Methode der "Geschichte und Erzählung" eines der herausragenden und
feststellbaren Instrumente im Sinne der Kontinuität des Unternehmens. Innerhalb
des "Kommunikationssystems Familienunternehmens" ist es hierbei die
"ständige Wiederholung (der Geschichten) die für den Erhalt des Systems
sorgt. Ein wichtiges Unterfangen im Übrigen in einer Zeit, die gerade den
Bestand kultureller Werte ob der oft vordergründig erwünschten Kurzfristigkeit
von wirtschaftlichen Erfolgen unter Spannung geraten.
Ein wesentliches Merkmal kontinuierlicher Arbeit und kontinuierlichen Erfolges
hat Mirko Zwack in seiner Untersuchung herausgearbeitet und dabei sowohl die
Stärken kontinuierlicher kultureller Werte benannt wie auch deren Gefahren und
zudem die Mechanismen der Wertevermittlung im Rahmen narrativer und systemischer
Theorien nachvollziehbar dargestellt. Zudem wird deutlich, wie eng die
"Organisation der Familie" mit dem weiteren Geschick des Unternehmens
selbst zusammenhängt. Vielfach Dinge, die nicht neu erscheinen im Ergebnis. Nun
aber fundiert untersucht vorliegen und einige Schlüsse auch für die Praxis der
Arbeit in einem solchen Unternehmen zulassen (Impulse, die Zwack gegen Ende des
Buches dezidiert in den Raum stellt), wie ebenso auch die weitere
wissenschaftliche Betrachtung des Themas inspiriert. Ganz nebenbei wird durch
die Untersuchung auch der gesamtgesellschaftliche Wert einer je eigenen
kulturellen Sensitivität deutlich benannt.
Fazit
In nicht immer leicht zugänglicher und komplexer wissenschaftlicher Sprache
legt Mirko Zwack eine umfassende Untersuchung zur Wertevermittlung in
Familienunternehmen vor, die im Ergebnis nicht überrascht, für weitere
Untersuchungen des Feldes und die allgemein Wertschätzung kultureller Werte
aber durchaus von Bedeutung ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 25. November 2011 2011-11-25 14:31:04