"Tremendista" ist eine Geschichte über Liebe, Eifersucht, Leid und
den Sinn des Lebens. Es dreht sich auf 260 Seiten um das erste, zweite, dritte
Verliebtsein, Träume, Ideale, Allmachtsphantasien, Identitäten, Heimat,
Freundschaft, Sex, Rebellion und Gewalt. Dazu kommen die sterbende DDR, das
vereinte Berlin und das ferne Andalusien.
Thomas Sabottka erzählt in seinem Roman in einer angenehmen und schönen
Sprache die Geschichte des jungen Berliners Manuel. Als dieser sich dem Tode
nahe sieht, ziehen sein Leben und seine Liebesbeziehungen an ihm vorüber. Dem
Leser wird dies in einer großen Rückblende offeriert: Manuels Pubertät, seine
erste Freundin Julia, sein sexuelles Erwachen, romantische Weltfremdheit, der
erste Trennungsschmerz. Alles im Umfeld der DDR, des Mauerfalls und dem
entstehenden jungen, wilden Berlin der 90er Jahre. Im Laufe der Geschichte
erfährt man auf eindrückliche Weise wie es sich mit Manuels Freundschaften und
weiteren Liebesgeschichten entwickelt, er dabei zu einem Star des
existenzialistischen Laien-Theaterspiels wird, und wie eine Beziehung Manuels
nach der anderen scheitert und er seinem Leid begegnet - oder eben nicht.
Letztendlich flüchtet der Verlassene, da er von Katja, seiner zweiten großen
Liebe, vor die Tür gesetzt wurde, mit seiner Maschine, einer Hayabusa, in die
Weiten der andalusischen Sierra Nevada. Während seiner Auszeit dort, die er bei
deutschen Auswanderern mit Pferdezucht verbringt, erlangt er so einige
Erkenntnisse. Und letztendlich wird Manuel Teil eines "Stierkampfes",
der es in sich hat...
Was ich persönlich an diesem Buch sehr schätze, ist die gelungene Gestaltung
der Figuren und insbesondere die des Protagonisten Manuels. Man liebt und leidet
den gesamten Romanverlauf mit ihm mit. Als Leser hat man das Vergnügen, im
Verlauf der erzählten Lebensjahre, die auf amüsante und eindrückliche Weise
beschriebenen Gefühle des Verliebens, Begehrens und Verlassenwerdens
mitzuerleben und mit den eigenen Erfahrungen abzugleichen. Und als Manuel
versteht, was passiert ist: dass er es sich zeitlebens in seiner Opferrolle als
der Verlassene zu bequem gemacht hat, fragt man sich, ob in seinem Leben nun
eine Wendung eintritt. Ob er gelernt hat aus dem Vergangenen. Für Manuel war es
immer das Einfachste passiv zu sein, sich zu seinen Entscheidungen überreden zu
lassen. Die Erkenntnis, dass er genau dies ändern sollte, drängt sich dem
Leser auf - doch kommt sie für Manuel vielleicht zu spät?
Fazit
"Tremendista" ist ein rundum gelungenes Buch. Insbesondere auch, da
Thomas Sabottka die Geschichte in dieser zweiten Ausgabe des Buches mit zwei
direkt aufeinander folgenden Enden versieht. Ohne etwas vorwegnehmen zu wollen:
Der Leser, der sich mit dem ersten Ende nicht anfreunden und die "harte
Realität" nicht ertragen kann, wird das zweite, alternative Ende umso
lieber mögen.
Vorgeschlagen von Martha
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veröffentlicht am 18. November 2011 2011-11-18 20:23:10