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Wolfram Fleischhauer: Torso

Torso

von Wolfram Fleischhauer
Verlag: Droemer Knaur [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Thriller
ISBN-13 978-3-426-19853-7

Preis: 4,69 Euro bei Amazon.de [Stand: 23. Dezember 2024]
Tod, Kunst, Vergangenheit und Gegenwart

Einige Romane hat Wolfram Fleischhauer bisher veröffentlich, sein Gang in das Thriller Genre hinein aber ist neu.
Wie aufgrund seiner bisherigen literarischen Leistungen nicht überraschend ist Fleischhauer durchaus in der Lage, auch im Bereich des Thrillers sprachlich anregend und mit großem Wortschatz seine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die einerseits überaus verschachtelt daherkommt und dabei sowohl hochaktuelle Themen wie Ereignisse der Vergangenheit und der Kunstgeschichte in sich aufnimmt, die aber anderseits zu keinem Zeitpunkt den roten Faden vermissen lässt. Sowohl die Wirtschaftskriminalität, die gierigen Volten der Politiker an den Finanzmärkten, als auch die doch nun einige Jahrzehnte zurückliegenden Ereignisse in der Vergangenheit der DDR verbinden sich im Verlauf des Buches zu einem umfassenden Ganzen und einer erkennbaren Kritik an den gegenwärtig einzwängenden und ausufernden Problemen der Finanzwirtschaft und der Politik.

Lange aber tappen sowohl die ermittelnden Polizisten als auch der Leser zunächst im Dunkeln. Kein wirklicher Anhaltspunkt ist zu finden, als zunächst einer, dann ein zweiter verschandelter Torso einer toten Frau auftauchen. Leichenteile einer Frau gepaart mit Leichenteilen von Tieren. Welche Botschaft steckt hinter diesen "Kreationen"? Wer überhaupt ist der Adressat dieser Botschaften?

Erst, als Fleischhauer im Buch beginnt, den Strang der Finanzkriminalität auf höchster Ebene langsam mit einzuführen, ahnt der Leser, dass hier eines der losen Enden des Falles zu finden sein wird. Und erhält zudem von diesem Zeitpunkt an einen dich durchziehenden Vorsprung vor den ermittelnden Beamten. Ein Fall, der zur Lösung zudem einiges an Kunstverständnis des ermittelnden Kommissars Martin Zollanger, 61 Jahre alt und ehemaliger, überzeugter Volkspolizist der DDR und Sozialist, erfordern wird. Kann es sein, dass nicht nur aus den Verwicklungen der Gegenwart auf höchster Ebene in Berlin, sondern auch aus seiner eigenen Vergangenheit heraus Spuren bis in die künstlerisch drapierten Torsi hineinreichen?

Zeitgleich macht sich die junge Frau Elin auf, den schnell zu den Akten gelegten Selbstmord Ihres Bruders Eric auf eigene Faust neu zu untersuchen. Elin, das Gegenbild zu jener Welt im Buch, in der es um Geld, Finanzmärkte und Kreditlinien geht. Eine, die sich auf das Fahrrad beschränkt, weitestgehend ohne Geld ihr Leben organisieren möchte, das Essen von Tieren ablehnt und mit ihren Freunden und Bekannten beginnt, die digitalen Hinterlassenschaften Ihres Bruders, eines IT Fachmannes, zu durchforsten. Und damit in das Fadenkreuz jener Männer gerät, auf die es auch der Mann hinter den Torsi letztlich abgesehen hat. Ein Fortgang der Geschichte, auf dem sich die Wege aller Beteiligten kreuzen werden, allerdings in überraschender und unvorhersehbarer Weise.

Interessante und differenzierte Figuren gestaltet Fleischhauer, die er wie in einem Suchbild arrangiert. In einer Geschichte eines unkonventionell gestalteten Falles, in der es letztlich gar nicht um Mord gehen wird, sondern um alte Rechnungen, die offen stehen und eine neue Lebensweise der Gier und des Betrügens, welches die Welt gerade auf den höchsten Ebenen durchzieht. Dagegen anzukommen scheint nicht möglich und der Versuch kaum ratsam, vielleicht aber finden sich im Lauf des Buches doch Mittel und Wege.

An manchen Stellen findet sich die ein oder andere Verschachtelung zuviel allerdings durchaus im Buch. Torso, Familienbande, Vergangenheit im Dunstbereich der Stasi, Finanzkonstrukte, Politiker, Entführung, die Szene der Obdachlosen und Armen in Berlin, es braucht manchmal, um da den Überblick zu behalten und hier hätte weniger durchaus einer Straffung gut getan.
Echte Spannungsmomente übrigens im Sinne körperlicher Bedrohungen sind im Buch eher rar gesät und wo sie vorkommen springt der Funke nicht unbedingt auf den Leser über.
Wohl aber ist es eine Stärke Fleischhauers, eine intensive Ermittlungsgeschichte mit vielen Überraschungen zu erzählen, in der er es nicht versäumt, tief in das Innere seiner Protagonisten einzutauchen und damit vor allem die Zwänge und Dramen ins Licht zu rücken, denen seine Figuren ausgesetzt sind.
Fazit
Im Gesamten ein andersartiger, sprachlich ausgereifter Thriller, in dem hier und da ein zuviel an Themen den klaren Blick verstellt. Letztendlich aber mit einer logischen und alle Fäden vereinenden, überraschenden Auflösung.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 14. Oktober 2011

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